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Donnerstag, 26. März 2015

„Erkundungen – 19 japanische Erzähler“ herausgegeben von Marianne Bretschneider & Heinz Haase

19 Erzählungen und Kurzgeschichten japanischer Autoren haben Marianne Bretschneider und Heinz Haase in ihren „Erkundungen“ versammelt. Es scheint, als ob ein großes Augenmerk darauf gelegt worden zu sein, besonders viele weibliche Schriftstellerinnen vorzustellen. Werke von elf Autorinnen und acht Autoren lassen sich in der Anthologie finden.

Wie der Titel schon impliziert – in Fumiko Enchis „Ahorn im Winter“ geht es um das Altern. Die Schauspielerin Yoko ist genauso wie ihr langjähriger Bühnenkollege Fujiki in die Jahre gekommen. Früher hatten die beiden verliebte Paare gemimt. Yoko kommen nun die Rollen der Mütter erwachsener Töchter zu. Fujiki kann sich immer noch als Liebhaber auf den Bühnen präsentieren. Auch im realen Leben sind die Voraussetzungen für das jeweilige Liebesleben der beiden aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit sehr unterschiedlich.

Autobiographisch wird es in Chiyo Unos „Glück“: Zunächst glaubt sich der Leser mit einer fiktiven Protagonistin namens Kazue konfrontiert. Doch nach und nach tun sich immer mehr Parallelen zum eher sprunghaften Leben der Autorin auf: Die vielen Ehen, die vielen Häuser, die Nonchalance, alles sofort hinter sich zu lassen, nichts und niemandem nachzutrauern und sich dabei ein bisschen selbst zu betrügen, alles als natürlich hinzunehmen und dabei Glück zu empfinden.

Ziemlich verzwickt ist die Beziehung der über 50-jährigen Schwestern Tomoko und Takako in Taeko Tomiokas „Heirat“. Die beiden Damen leben nun schon seit Jahrzehnten zusammen in einem Haus, das immer baufälliger wird. Tomoko verfällt plötzlich auf die Idee, doch noch zu heiraten; lieber jetzt als gleich möchte sie endlich die familiären Bande hinter sich lassen und ganz schnell eine Ehe über eine Heiratsvermittlerin eingehen. Takako dagegen wurde vor Jahren von ihrem Ehemann verlassen und wollte sich bisher nicht scheiden lassen. Tomokos Entschluss lässt sie ins Wanken bringen und beschwört Erinnerungen an ihre eigene, ziemlich seltsame Eheanbahnung herauf.

In „Ein unterhaltsamer Spaziergang“ von Takao Nakatani wandern die älteren Herren Fukami und Kono mit dem jüngeren Nishida zu einem Tempel. Dabei unterhalten sie sich über ihre Einstellung zu Tod, Religion und über ihren gemeinsamen Bekannten, den verstorbenen Yasuda. Die Erzählung hätte wohl am ehesten ein, zwei Anmerkungen seitens der Herausgeber verdient, weil man sich nicht so wirklich einen Reim darauf machen kann, ob die Figuren sich an existierende Personen anlehnen und wenn ja, welche konkrete Personen hinter den Charakteren stecken.

Der ehemalige Fernsehproduzent Akira Abe siedelt seine Erzählung „Freunde“ in seinem vertrauten Milieu an: Der Ich-Erzähler, Urashima und Hatori sind alle drei für einen Fernsehsender tätig und haben sich im Laufe der Jahre angefreundet. Hatori wird jedoch immer merkwürdiger und lässt sich immer öfter in eine Klinik einweisen. Während Hatori sich kuriert, begeht ein junger Kollege Selbstmord. Die Anteilnahme der Kollegen empfindet der Ich-Erzähler als Hohn:

„Meiner Meinung nach empfanden sie absolut nichts von der vorgetäuschten Anteilnahme; das war bloß Mache. Erstarrt man vor Leid, wenn ein Kollege stirbt? Lähmt einen der Tod eines anderen? Nein, denn man ist ja nicht schuld. Der Tote ist es, der alle anderen verhöhnt.“ (S. 94)

Die Grenzen verschwimmen in „Platonische Liebe“ von Mieko Kanai: Die Ich-Erzählerin, eine erfolgreiche Schriftstellerin, wird gewissermaßen gestalkt. Nach jeder Veröffentlichung erhält sie einen Brief mit unbekanntem Absender. Der Schreiber wirft ihr vor, sie hätte seine Werke plagiert. Der originäre Autor wäre er. Mitten in einer Schreibblockade rückt der Unbekannte näher und schon bald weiß die Ich-Erzählerin nicht mehr, ob sie oder der Fremde der wahre Autor ihrer Erzählungen ist. Damit beschreibt Mieko Kanai ein für sie typisches Thema.

„Sonnenlicht“  von Nobuo Kojima gibt Einblick in die Nachbarschaftsbeziehungen des Ich-Erzählers. In Briefform wendet er sich an Frau I., deren Ehemann, ein Dichter, vor einer Weile verstorben ist. Verschiedene Gedankenfetzen und Erinnerungen an Begegnungen mit Frau und Herrn I. werden hier aneinander gereiht. Auch hier wäre der eine oder andere Kommentar durch die Herausgeber grandios gewesen, um der Erzählung in Briefform mehr Verständnis abgewinnen zu können.

„Kiriko“ ist Minako Obas Protagonistin. Auf dem Heimweg begegnet sie Keiichiro und erzählt ihm von ihren Schuldgefühlen gegenüber ihrer verstorbenen Mutter. Denn Tragisches hat sich an den Klippen des Ortes zugetragen. Mit dem gemeinsamen Spaziergang mit Keiichiro kann Kiriko vielleicht eine Sache zu Ende führen, die ihrer Mutter zu Lebzeiten nicht gelungen war.

„Zur Berghütte“ von Kyoji Kobayashi sticht durch den unkonventionellen Erzählstil heraus. Verschachtelt und wiederholend werden Eindrücke und Gedanken eingestreut, die trotz alledem ein Ganzes bilden. Der Protagonist wacht nach einer versoffenen Nacht auf und begibt sich verkatert zu einer Berghütte. In diesen Rahmen werden Songtexte, Gebrauchsanweisungen, Dialoge dritter, aufgeschnappte Geschichten kurz angerissen und später erneut aufgenommen. Die fünf Passagen von „Zur Berghütte“ waren interessant zu lesen – danach war’s dann aber auch wieder gut.

Yasushi Inoue bezieht sich mit „Im Schatten des Berges Bandai“ auf ein wahres Ereignis: Im Jahr 1888 brach der Ko-Bandai Vulkan aus. Yasushi Inoue schickt seinen Protagonisten, einen Landschätzer, in das Gebiet des Vulkans. Bereits als er und seine Mitarbeiter einen Pass überqueren, orakelt eine verrückte Alte nichts Gutes. Vor Ort kommt es zu mehreren Erdstößen, doch zur Flucht können sich die Menschen im Gegensatz zu den Tieren nicht aufraffen. Das Unheil ist vorprogrammiert…

In Taeko Konos „Der Eisenfisch“ steckt ebenfalls ein historischer Kern: Als menschliche Torpedos wurden junge Männer im zweiten Weltkrieg als Kamikaze im U-Booten eingesetzt. So auch der Ehemann der Witwe, die sich nach Jahrzehnten zum „Heiligtum“ begibt, wo ihr Mann als Held verehrt wird. Die Beschreibungen der Witwe konterkarieren die Heldenverehrung. Bei ihr reißen alte Wunden auf, als sie einen beborgenen derartigen Eisenfisch zu Gesicht bekommt.

Takako Takahashis Ich-Erzählerin sitzt in einem Shinkansen und gibt sich Gedanken an den Prototyp des Mannes hin, der sie Zeit ihres Lebens immer wieder „In Versuchung“ geführt hat.

Rie Yoshiyukis „Im Brunnen die Sterne“ entstammt einem gleichnamigen Band mit Kurzgeschichten, den die Autorin dem Thema seelische Grausamkeit und den traumatisierenden Folgen gewidmet hat. Shoko ist die ältere von zwei Zwillingsschwestern. Während Shoko eher passiv ist, wirkt ihre jüngere Schwester eher wie ein spitzbübischer Junge. In ihren 20ern heiratet Shoko nach einem Omiai ohne jemals vorher verliebt gewesen zu sein. Ihre Schwester hingegen hat sich ausgetobt und findet mit ihrem Ehemann schließlich ein passendes Gegenstück. Die Schwester begleitet ihren Ehemann ins Ausland und bekommt daher kaum mit, wie Shoko von ihrer neuen Familie an der kurzen Leine gehalten wird und langsam zerbricht.

Ebenfalls um eine unglückliche Ehe geht es in „Ein Wiedersehen“ von Ayoko Sono: Kazuhiko erinnert sich, wie er sich nach einer unangenehm gewordenen Affäre in die Ehe mit seiner Frau Haruko geflüchtet hat. Haruko ist weder ansehnlich, noch lässt es sich mit ihr gut unterhalten. Ein kleines Vermögen, das Haruko mit in die Ehe bringt, ist das einzige, was für die Gattin spricht. Nach 19 Ehejahren stirbt Haruko an einem Krebsleiden. Kazuhiko, der sich oftmals mit Geliebten vergnügt hat, findet seine Gattin auf spezielle Weise im Diesseits wieder.

„Vorübergehende Unruhe“ von Yoshiko Shibaki ist ein Paradestück, wie sich Familienmitglieder über Geldthematiken verstreiten bzw. anbiedern können: Takako wird überraschend von einem Immobilienmakler aufgesucht, der ihr und ihrer Mutter einen stattlichen Betrag für ein Grundstück offeriert, das über den Tod von Takakos Vater in Vergessenheit geraten ist. Takakos Geschwister, die sich bisher kaum mehr für ihre Verwandten interessiert haben, wittern Geld und unterbreiten ungefragt ihre eigenen Vorstellungen.

„Die schweigenden Händler“ in Yuko Tsushimas Erzählung stehen sinnbildlich für Tiere, die Kindern als Vaterersatz dienen. Yuko Tsushima, selbst eine alleinerziehende Mutter, greift damit eine für sie typische Thematik auf. Die Ich-Erzählerin beginnt mit Erinnerungen an ihre Kindheit ohne Vater am Rikugien-Park; später zieht sie selbst als alleinerziehende Mutter erneut in die Nähe des Parks.

„Unterwegs mit Maya“ ist Toshio Shimaos Ich-Erzähler, der zusammen mit seiner kleinen Tochter Maya in die Stadt K. gekommen ist. Primär hat er Geschäftliches zu erledigen, doch er nutzt den Aufenthalt dazu, sich selbst gastroenterologisch und seine Tochter neurologisch untersuchen zu lassen. Maya tut sich schwer, mit ihrer Außenwelt zu kommunizieren und so hält der Aufenthalt in K. einige Qualen für sie bereit.

„Alte Freunde“ von Shusaku Endo erscheint wie ein sehr autobiographisches Werk: Der Ich-Erzähler ist gerade von einem Auslandsaufenthalt nach Japan zurückgekehrt, als er den Anruf eines alten Freunds aus Jugendtagen, der nun katholischer Priester ist, erhält. So wird der Wunsch an ihn herangetragen, doch bitte am Jahrestag seiner Priesterweihe mit anderen ehemaligen Kumpanen zusammen zu kommen.

Der Autor Takeshi Kaiko war ein Weltenbummler und so verwundert nicht, dass sich auch sein Ich-Erzähler in „Die zerriebene Kugel“ im Ausland herumtreibt. Eines Tages im Jahr 1966 wacht er in irgendeiner Hauptstadt auf und beschließt, dass es Zeit ist, nach Japan zurückzukehren. Die Flugroute führt ihn jedoch zuerst nach Hongkong und zu seinem alten Bekannten Zhang, mit dem er philosophische Gespräche führt. Während die beiden Männer sich über Abstraktes unterhalten, geschieht in der Welt der Literatur etwas ganz Konkretes: Der chinesische Autor Lao She wird tot aufgefunden. Ob er zu Tode geprügelt wurde oder Selbstmord beging ist bis heute nicht aufgeklärt.

„Erkundungen – 19 japanische Erzähler“ enthält zwar viele Erzählungen, jedoch wäre es mir lieber gewesen, wenn statt dieser Fülle etwas mehr Wert auf ergänzende Erklärungen gelegt worden wäre. Wenn man sich nicht ohnehin schon etwas mit den Autoren und Autorinnen beschäftigt hat, dann fehlen teilweise wichtige Hintergrundinformationen, die für die Deutung der Erzählungen nicht unwesentlich sind.

Bibliographische Angaben:
Bretschneider, Marianne & Haase, Heinz (Hrsg.): „Erkundungen – 19 japanische Erzähler“ (Übersetzung aus dem Japanischen bzw. Englischen: Haase, Heinz/Ito-Pokorny, Friedl/Naito, Michio/Pfeiffer, Sigrid/Rau, Edith/Rönsch, Rainer/Schlecht, Wolfgang E./Simon, Andreas/Stalph, Jürgen/Uhl, Christian und Yoshida-Krafft, Barbara), Volk & Welt, Berlin 1989, ISBN 3-353-00581-1

Samstag, 14. März 2015

Rie Yoshiyuki

Rie Yoshiyuki wurde 1939 in Tokio geboren. 1940 starb ihr Vater, der linke Dada-Autor Eisuke Yoshiyuki überraschend. Ihre Mutter Aguri zog ihre drei Kinder Junnosuke, der später ebenfalls Autor wurde, Kazuko, die eine Laufbahn als Schauspielerin einschlug, und Rie allein auf und sorgte als Kosmetikerin für ein Auskommen.

Rie Yoshiyuki studierte japanische Literatur an der Waseda-Universität und machte 1962 ihr Examen. Während ihres Studiums begann sie, Gedichte zu schreiben. Es folgten Erzählungen, Essays, Kindergeschichten, Romane und Märchen. Unter anderem erhielt sie den Noma-Kinderliteraturpreis und den Akutagawa-Preis.

2006 starb Rie Yoshiyuki an Schilddrüsenkrebs.

Interessante Links:

Ins Deutsche übersetzte Erzählungen und hier rezensiert:

Donnerstag, 19. April 2012

„Frauen in Japan“ herausgegeben von Barbara Yoshida-Krafft

„Frauen in Japan“ lässt zehn japanische Schriftstellerinnen zu Wort kommen, die mit ihren Erzählungen die (sich wandelnde) Frauenrolle in der japanischen Gesellschaft illustrieren.

Taeko Konos Erzählung „Knochenfleisch“ (auch in dem Volk und Welt-Band „Das verhasste Alter“ als „Fleischbröckchen“ erschienen) ist die skurrile Geschichte einer Trennung. Nachdem der Mann die Frau verlassen hat, verliert sie ihren Geschmackssinn. Während der Beziehung hatte sie noch so gerne mit ihrem damaligen Partner geschlemmt. Am liebsten würde sie nun alles verbrennen, das an den Mann erinnert: Seine zurückgelassenen Besitztümer, ihre Wohnung, ja gar sich selbst.

Fumiko Enchi beschreibt in „Das Ehepaar“ die Beziehung des in die Jahre gekommenen Ehepaars Tomimori: Der Ehemann Kaichi ist ein Relikt aus der Meiji-Zeit und hält an dem steifen und lieblos wirkenden Verhalten gegenüber seiner Ehefrau Ikuyo fest – selbst als sie krank wird.

Rie Yoshiyukis „Im Brunnen die Sterne“ zeichnet die Lebenswege zweier ungleicher Zwillingsschwestern: Die Jüngere heiratet aus Liebe und führt ein selbstständiges Leben. Die ältere Schwester Shoko lernt ihren Ehemann über ein Omiai kennen. Die Schwiegermutter zieht bald zu dem Ehepaar und ist die neue Herrin des Hauses. Shoko wird kurz gehalten, bevormundet und bald nicht mehr dieselbe…

Auch Tomoko und Takako aus Taeko Tomiokas „Heirat" sind Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Tomoko ist eine alte Jungfer, hat im Alter jedoch ein Omiai absolviert und sich entschlossen, doch noch zu heiraten. Takako hatte sich mit einem sehr viel jüngeren Mann verheiratet, der sie jedoch bald wieder verlassen hatte. Dennoch ist sie auf dem Papier immer noch verheiratet. Bricht nun die jahrzehntelange Allianz der Schwestern wegen einem Mann, den Tomoko nur über ein Omiai kennt, auseinander?

Ineko Sata thematisiert in „Ihr eigenes Herz“ ebenfalls ein Omiai. Doch Fumiko hat eigentlich so gar keine Lust auf eine arrangierte Ehe – sie fühlt sich wie eine Ware, die es beim Omiai besonders gut anzupreisen gilt. Auch die Eltern taktieren, ob nicht ein solventerer Ehemann für Fumiko aufzutreiben ist und versuchen, sie an einen anderen zu verkuppeln. Dagegen hat Fumikos Schwester ihren Mann im Studium kennen gelernt und hält nichts von unterwürfigem Verhalten ihrem Partner gegenüber.

Chiyo Unos „Glück“ enthält wie ihr autobiografischer Roman „Die Geschichte einer gewissen Frau“ einige Anhaltspunkte, dass es sich bei der Protagonistin Kazue um die die Autorin selbst handelt. Kazue ist eine glückliche Frau, vor allem deswegen, weil sie sich selbst dafür hält und nicht, weil ihr allzu viel Glück widerfährt. Sie lebt ein unkonventionelles, sogar sprunghaftes Leben, hat viele Partner und hat einen Hang dazu, sich – ebenso wie die Autorin – gerne bei größeren Veränderungen ein neues Haus zu bauen.

Fumiko Enchi ist mit „Ahorn im Winter“ gleich ein zweites Mal in „Frauen in Japan“ vertreten: Die Protagonistin Yoko ist eine Schauspielerin um die 50 Jahre. Eigentlich wollte sie den viel jüngeren Tachibana mit ihrer Nichte verkuppeln – doch wie’s der Teufel will verliebt sie sich selbst in ihn. Ihr etwa gleichaltriger Schauspielerkollege Fujiki hat’s als Mann da schon weit einfacher mit seiner neuen Flamme, die gerade einmal Mitte 20 ist.

„In Versuchung“ ist Takako Takahashis Ich-Erzählerin. Während diese im Shinkansen sitzt, lässt sie ihren Erinnerungen freien Lauf und reflektiert über diverse Männerbekanntschaften, die doch alle auf das Bild „jenes Mannes“ einzahlen.

Die drei Teile von Yuko Tsushimas „Unsere Väter“ werden je von den drei Schwestern einer vaterlosen Familie erzählt. Nach dem Tod der Großmutter ziehen sie zusammen mit der Mutter aus dem altmodischen Haus aus, um in einer Reihenhaussiedlung ihr neues Zuhause zu finden. Doch richtig glücklich werden sie dort nicht. Die Mutter wendet sich dem Christentum – und dem Pater näher zu.

„Kiriko“ trifft in der gleichnamigen Erzählung von Minako Oba auf dem Heiweg den älteren Nachbarn Keiichiro. Es entspannt sich dabei ein Gespräch über das Patriarchat, unterschiedliche Beziehungen zwischen Ehepartnern und Eifersucht.

„Tanzender Ruß“ von Sawako Ariyoshi skizziert ein auf den Kopf gestelltes Familienleben in den 50er Jahren. Der Weltkrieg hat den Vater in seiner beruflichen Karriere so weit zurückgeworfen, dass er den Unterhalt für die vierköpfige Familie nicht mehr allein bestreiten kann. Die Tochter, die bereits 30 Jahre und unverheiratet ist, verdient mit ihrer Arbeit um einiges mehr als der Vater und bestreitet mit ihrem Gehalt einen Löwenanteil der anfallenden Kosten. Deswegen nimmt sie es sich auch heraus, Männerbekanntschaften nachts mit nach Hause zu bringen; meist in betrunkenem Zustand. Der Vater missbilligt dieses Verhalten in höchstem Maße, doch die Tochter begegnet ihm nur mit Verachtung.

„Frauen in Japan“ liefert ein breites Spektrum unterschiedlicher Frauenschicksale innerhalb der sich wandelnden japanischen Gesellschaft. Die Erzählungen variieren sehr stark im Vermögen, den Leser in die Geschichte hineinzuziehen. Manche wirken mehr wie Assoziationsketten, andere haben Tagebuchcharakter und wiederum andere verfügen über einen kleinen, aber feinen Spannungsbogen.

Ergänzt werden die Erzählungen einerseits durch das sehr lesenswerte Vorwort von Barbara Yoshida-Krafft über die Geschichte der weiblichen Autorinnen in Japan von der Hofdamenliteratur bis hin zur Moderne. Zudem finden sich im Anhang interessante Biografien der Autorinnen auf je ein bis drei Seiten. „Frauen in Japan" ist übrigens eine Lizenzausgabe des Bandes „Das elfte Haus" vom Iudicium-Verlag mit selben Inhalt.