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Sonntag, 11. Dezember 2011

Choukitsu Kurumatani

Choukitsu (auch manchmal „Chokitsu“ geschrieben) Kurumatani wurde 1945 in Himeji, in der Präfektur Hyogo als Yoshihiko Kurumatani geboren. Nach einer Landreform wurde der Familie Kurumatani ihr Grundbesitz entzogen. Das Kimonogeschäft des Vaters lief in der Nachkriegszeit, als vor allem westliche Mode nachgefragt wurde, denkbar schlecht. Die Großmutter mütterlicherseits musste mit ihrem Geldverleih oftmals finanziell aushelfen.

Entgegen dem Wunsch der Eltern, Medizin oder Jura zu studieren, begann Choukitsu Kurumatani 1964 mit einem Studium der Literaturwissenschaften an der Keio Universität. Ein Jahr später wechselte er zur Germanistik.

Nach seinem Studienabschluss arbeitete Choukitsu Kurumatani zunächst in einer Werbeagentur, wo er aber bald kündigte, da der Chef ein eher unkoscheres Geschäftsgebahren an den Tag legte. Seinen folgenden Job bei einem Verlag kündigte er, nachdem er 1972 den Shincho-Preis für seine Kurzgeschichte „Gelobet sei" erhielt, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Der finanzielle Erfolg blieb zunächst aber leider aus. Nachdem er völlig mittellos geworden war, arbeitete er unter anderem als Küchenhilfe in verschiedensten Kneipen und Lokalen in der Kansai-Region.

Obwohl Choukitsu Kurumatani mehrfach für den Akutagawa-Preis nominiert wurde und den Mishima-Preis für „Ein Löffel im Salzfass" gewann, wollte sich der finanzielle Erfolg erst mit dem stark autobiographisch gefärbten Roman „Versuchter Liebestod“ einstellen, der 1998 mit dem Naoki-Preis ausgezeichnet wurde. 2001 wurde ihm der Kawabata-Preis für die Erzählung „Musashimaru" verliehen.

Ein zentrales Motiv seiner Werke ist der Selbstmord. Als Jugendlicher war der Selbstmord seines Onkels mütterlicherseits ein prägendes Erlebnis gewesen.

Mit der Dichterin Junko Takahashi, die er 1994 heiratete, lebte er bis zu seinem Tod im Jahr 2015 in Tokio.

Interessante Links:


Ins Deutsche übersetzte Romane/Erzählungen und hier rezensiert:

Donnerstag, 8. Dezember 2011

„Der Schachtelmann“ von Kobo Abe

Ein Schachtelmann schreibt in seiner Schachtel die Geschichte eines Schachtelmanns. Um vom Durchschnittsbürger zum Schachtelmann zu werden, bedarf es nur einen kleinen Auslöser: Das große Bedürfnis, andere Leute unbemerkt beobachten zu können beispielsweise. Oder die bewusste Wahrnehmung der Existenz der Schachtelmänner, durch die Normalos durchsehen ohne sie zu bemerken. Und schon ist er dann da, der Wunsch, sich eine Schachtel, in der Kühlschränke ausgeliefert zu werden, über den Kopf zu ziehen, die Schachtel mit einem Sichtfenster zu versehen und fortan auf der Straße als Schachtelmann zu leben.

In der Schachtel bewahrt der Schachtelmann alles auf, was er zum täglichen Leben braucht. Überall im Müll der Großstadt findet er Nützliches – doch aufbewahren sollte er nur das, was er mindestens dreimal pro Tag verwendet.

Er sollte sich jedoch vor Bettlern hüten. Denn die befinden sich in der Hierarchie noch eine Stufe über den Schachtelmännern, da sie immerhin noch am Rand der Gesellschaft stehen, während der Schachtelmann einfach raus ist. So ein Bettler kann ganz schön rabiat werden, wenn er glaubt, dass sein Revier bedroht wird.

Die Notizen des Schachtelmanns führen in ein surreales Labyrinth, das von Pseudoschachtelmännern, Krankenschwestern, Luftgewehrschützen und Briefmarkenmalern bevölkert wird. Wer ist ein echter Schachtelmann, welche Notizen stammen vom Pseudoschachtelmann und was hat die (Selbst-)Ermordung eines Stabsarztes damit zu tun?

Neben all den phantastisch anmutenden Geschehnissen ist „Der Schachtelmann“ von Kobo Abe aber auch vor allem Gesellschaftskritik. Da stirbt ein Stadtstreicher an einen Pfeiler in der U-Bahnstation gelehnt und keiner der 10.000 Passanten hat den Toten registriert. Das passiert in den Großstädten der Namenlosen, in denen im Betrachten Liebe und im Betrachtet-Werden Hass liegt. Willkommen im Labyrinth, in dem sich die Schachtelmänner von Tag zu Tag vermehren!

Sonntag, 4. Dezember 2011

„Die schlafenden Schönen“ von Yasunari Kawabata

Eguchi geht auf die Siebzig zu, als er in den Kreis der Besucher eines speziellen Etablissements eingeführt wird: Im Haus der schlafenden Schönen warten auf die alten Männer junge Frauen und Mädchen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren, die eigens für den Herrenbesuch mittels starker Schlafmittel in Tiefschlaf versetzt werden. Die Greise, die ihre Potenz schon so gut wie verloren haben, finden ihr Vergnügen darin, neben den jungen Frauen einzuschlafen. Verkehr und Ausschweifungen sind ohnehin im Haus der schlafenden Schönen verboten. Dadurch, dass die Damen schlafen, bleibt den Greisen jegliche Scham erspart.

Fünf Mal besucht Eguchi das Etablissement und bekommt jeweils eine neue Bettgespielin zugewiesen. Er ergötzt sich nicht nur an dem Anblick der Frauen, sondern spielt mit ihrem Haar, schmiegt sich an sie, berührt ihre Lippen und insbesondere ihr Geruch erinnert ihn an seine ehemaligen Affären und Beziehungen, an seine Ehefrau, seine Töchter und seine Mutter. So lässt er sein Beziehungsleben Revue passieren, aber auch seine Freveltaten.

Eguchi kommt zu dem Schluss, warum das Haus der schlafenden Schönen bei den alten Männern so beliebt ist:

„So war es wohl nicht allein die Furcht vor dem nahen Tod, oder die Trauer, die Verzweiflung im Gedenken an eine verlorene Jugend, was aus der Tiefe ihrer Brust heraufschoss, wenn sie sich, die bloße Haut berührend, neben eine der ‚schlafenden Schönen’ niederlegten; vielmehr dürfte es zugleich die Reue über begangene Freveltaten gewesen sein oder das bei Erfolgreichen häufige Gefühl, dass sie ein unglückliches Familienleben führten.“ (S. 81)

Doch nichts ist für die Ewigkeit – selbst das Haus der schlafenden Schönen nicht.

Yasunari Kawabatas „Die schlafenden Schönen“ ist ein langsamer, poetischer Roman mit wenig Handlung. Das Konzept des „Bei-Schlafs“ hat Banana Yoshimoto für die Erzählung „Dornröschenschlaf“ sicherlich von Yasnuari Kawabata übernommen und erzählt eine Geschichte aus der Sicht einer Beischläferin.

Samstag, 3. Dezember 2011

Yasunari Kawabata

Yasunari Kawabata wurde 1899 in Osaka geboren. Seine ersten Lebensjahre wurden überschattet von den Todesfällen der wichtigsten Angehörigen: Sein Vater starb, als er zwei Jahre alt war, seine Mutter, als er drei Jahre zählte und seine einzige Schwester, als Yasunari Kawabata neun war. Schließlich starben bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr auch seine Tante und seine Großeltern väterlicherseits. Nun kümmerte sich die Verwandtschaft mütterlicherseits um den Teenager.

An der kaiserlichen Universität von Tokio studierte Yasunari Kawabata Anglistik. Nach seinem Abschluss im Jahr 1824 arbeitete er als Reporter für Mainichi Shimbun, als Literaturkritiker und schließlich auch als Autor fiktionaler Literatur. Beeinflusst durch den Kubismus, Expressionismus und Dada sah sich Yasunari Kawabata als Literat, der sich dem „l’art pour l’art“ verpflichtete. Seinen Stil benannte er als Shinkankakuha, der sich als Gegenpol zur Arbeiter-/Proletarierliteratur verstand.

Mit seiner ersten Erzählung „Die Tänerzin von Izu“ erhielt Yasunari Kawabata 1926 erste Beachtung als Autor. 1968 erhielt er als erster japanischer Autor den Literaturnobelpreis. Yasunari Kawabata kombinierte traditionell japanische Literaturelemente mit modernen. Seine Themen umfassten Fremdheit, Einsamkeit, Liebe, Alter und Tod.

Zwei Jahre nach dem Suizid seines Freundes Yukio Mishima beging der Parkinson-kranke Yasunari Kawabata Selbstmord, indem er sich selbst vergaste.

Interessante Links:

Hier rezensiert:


Weitere ins Deutsche übersetzte Romane/Erzählungen/Kurzgeschichten:
  • Die Tänzerin von Izu
  • Handtellergeschichten
  • Schönheit und Trauer