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Mittwoch, 8. Juni 2011

„Der zerbrochene Schmetterling“ von Yoko Ogawa

„Der zerbrochene Schmetterling“ umfasst zusammen mit „Schwimmbad im Regen“ die ins Deutsche übersetzten Erzählungen von Yoko Ogawa. „Der zerbrochene Schmetterling“ enthält drei Erzählungen mit je circa 60 Seiten Umfang:

„Das Schwimmbecken“ und „Das vollkommene Krankenzimmer“ weisen einige Parallelen auf: Beide Protagonistinnen begeistern sich für nasse Männer. In beiden wird das seltsame Schicksal eines Kindes, dessen Eltern ein Waisenhaus leiten, geschildert: Obwohl das Kind Eltern hat, ist es vom Schicksal härter geschlagen als die Waisenkinder. Diese haben die Chance, das Waisenhaus zu verlassen und von einer „richtigen“ Familie aufgenommen zu werden. Nur das leibliche Kind der Heimleitung wird immer ein Kind des Waisenhauses bleiben. Und beide Erzählungen räumen verschimmelten Lebensmitteln einen gewissen Platz ein.

Trotzdem werden sehr unterschiedliche Handlungsstränge gesponnen: „Das Schwimmbecken“ ist die Geschichte von Aya, die im von ihren Eltern geführten Waisenhaus aufwächst. Aya ist unglücklich verliebt in Jun – und lässt an dem Kleinkind Rie ihre Unzufriedenheit aus.

In „Das vollkommene Krankenzimmer“ wird der todkranke Bruder der Protagonistin eingeliefert, um seine letzten Monate zu verleben. Erst durch die Krankheit kommt die namenlose Protagonistin ihrem Bruder nahe, während sie und ihr Ehemann sich fast nichts mehr zu sagen haben.

„Der zerbrochene Schmetterling“ stellt die Realität in Frage: Ist die Welt eines senilen Menschen real oder leben nur die Gesunden in der Realität?

Wie auch schon im „Schwimmbad im Regen“ startet „Der zerbrochene Schmetterling“ mit der stärksten Geschichte. In jeder Erzählung lauern die typischen Yoko Ogawa-Schauer: Ameisen auf der Erdbeertorte; Rie, die einen verdorbenen Windbeutel vorgesetzt bekommt; Eintopf, der wie faulendes Blut aussieht und aus den Mundwinkeln des Ehemanns tropft. Damit ist „Der zerbrochene Schmetterling“ das unappetitlichste Buch von Yoko Ogawa. Dennoch lässt es einen nicht mehr los: Yoko Ogawas schnörkelloser Erzählstil und die verschrobenen Charaktere stehen für ein Lesevergnügen der schaurig-schönen Art.

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