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Donnerstag, 2. Juni 2011

„Herr Nakano und die Frauen“ von Hiromi Kawakami

„Herr Nakano und die Frauen“ von Hiromi Kawakami ist nicht die Geschichte von Herrn Nakano, sondern die der Protagonistin Hitomi. Hitomi ist in Herrn Nakanos Trödelladen beschäftigt und nähert sich langsam mit ihrem schüchternen, etwas tölpelhaften Kollegen Takeo an. Der Roman lebt von seinen Gegensätzen: Herr Nakano und seine Schwester Masayo reden unbefangen über Liebe und Sex, haben Affären, verletzen ihre Partner und versöhnen sich. Hitomi und Takeo dagegen tasten sich ganz zaghaft aneinander heran, wissen mit dem anderen eigentlich auch nichts so recht anzufangen. Während für Herrn Nakano und Masayo Sexualität ein ganz normales Gesprächsthema wie das Wetter ist, sind Hitomi und Takeo geradezu asexuell.

Dank der Schrulligkeit von Herrn Nakano, der jeden Satz am liebsten mit „Und überhaupt…“ beginnt, wird „Herr Nakano und die Frauen“ an keiner Stelle langweilig, auch wenn der Roman keine großmächtige Handlung transportiert. Herrn Nakanos Laden in Tokio ist eher eine Oase der Beschaulichkeit: Kunden kommen und gehen, bringen ihre Lebensgeschichte mit. Umsatz spielt keine große Rolle. Die Angestellten pflegen mit ihrem Chef und dessen Schwester einen familiären Umgang. Eben ein altmodischer Trödelladen, wie er im Buche steht.

Der Roman plätschert leicht dahin, wenn Herr Nakano und Takeo bei einem Yakuza eine Samurai-Rüstung abholen. Wenn Hitomi von einem in die Jahre gekommenen Herzensbrecher unmoralische Fotos zum Ankauf vorgelegt bekommt. Wenn Herrn Nakanos Geliebte Sakiko eine verfluchte Schale in ihre Obhut nimmt.

Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist, dass wörtliche Rede manchmal in Anführungszeichen steht und manchmal überhaupt nicht gekennzeichnet wird. Das stört etwas den Lesefluss.

Ansonsten ist „Herr Nakano und die Frauen“ aber ein sehr gelungenes und unterhaltsames Buch: Würde der Laden des Herrn Nakano tatsächlich existieren, wär ich schon längst Stammkunde.

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