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Mittwoch, 16. Februar 2011

„Die Umarmung des Todes“ von Natsuo Kirino

Der „Umarmung des Todes“ von Natsuo Kirino wird ein Zitat von Flannery O’Connor vorangestellt: „Der Weg in die Verzweiflung besteht in der Weigerung, jegliche Art von Erfahrung zu machen.“

Verzweifelt sind alle vier Hauptakteurinnen, die zusammen in einer Firma für Lunchpakete Fließbandarbeit in der Nachtschicht verrichten. Masako ist enttäuscht von der japanischen Arbeitswelt, in der sie als Frau keine Aufstiegschancen hat und in der Ambitionen von Frauen abgestraft werden. Ihr Ehemann hat sich von der Familie zurückgezogen und ihr Sohn spricht nicht mehr mit ihr. Kuniko ist hoch verschuldet, da sie glaubt, nur durch Konsum glücklich zu werden und ist chronisch unzufrieden mit ihrem Aussehen. Die Witwe Yoshie ist an ihre pflegebedürftige Schwiegermutter gebunden. In der Nachtschicht kann sie zur Sozialhilfe etwas dazuverdienen, während sie sich tagsüber ausschließlich um den Pflegefall kümmern muss. Trotz der Einnahmen lebt sie am absoluten Limit. Yayois Ehemann Kenji ist dem Glücksspiel und einer attraktiven Hostess verfallen und verprasst nicht nur seine kompletten Einnahmen, sondern auch alle Ersparnisse. Yayois Lohn aus der Nachtschicht muss herhalten, um die Familie inklusive der beiden Söhne über Wasser zu halten.

In einem nächtlichen Streit erwürgt Yayoi ihren Ehemann – und bittet ihre Kollegin Masako um Hilfe. Gemeinsam mit den beiden anderen Frauen wird Kenjis Leiche entsorgt, während Yayoi vor der Polizei die trauernde Witwe gibt. Den Vieren spielt in die Hände, dass Kenji am Tage seines Todes mit einem Yakuza Satake in Streit geraten war, der nun als Hauptverdächtiger gilt. Somit könnte sich alles in Wohlgefallen auflösen, wäre da nicht Kunikos Gier und Satakes Rachegedanken.

Der Originaltitel von „Die Umarmung des Todes“ lautet „Out“ – und Outsider sind die Protagonisten des Romans. Daher ist der Roman nur bedingt ein Thriller oder Kriminalroman. Er ist vielmehr ein „feminist noir“: Es geht um Frauen, die sich mit mehr als drastischen Methoden emanzipieren und sich von ihrem bisherigen Leben befreien.

Die Erzählperspektive des Romans wechselt mit jedem Kapitel. Sowohl die Motivationen der verschwenderischen Kuniko als auch die des sadistischen Satake werden dem Leser plausibel und die Darsteller somit trotz aller Fehler sogar ein bisschen sympathisch.

Einzig die Gedankensprünge und Motivationen von Masko auf den letzten Seiten des Romans waren mir nicht ganz nachvollziehbar. Insgesamt aber ein Buch, das einen nicht mehr loslässt!

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