Wer Hideo Yokoyamas "64" bereits gelesen hat, wird sich denken können, dass das Label "Thriller", das der Atrium Verlag aufs Cover gesetzt hat, wohl auch diesmal wieder nur bedingt zutrifft. Den Titel "2" darf man wörtlich nehmen, denn die Veröffentlichung enthält zwei Geschichten. Der Leser trifft in beiden Erzählungen alte Bekannte aus "64" wieder. Insbesondere der eher unsympathische Futawatari, seines Zeichens Inspektor der Verwaltungsabteilung der Präfektur, als solcher verantwortlich für sämtliche Versetzungsangelegenheiten und daher von allen Kollegen gefürchtet, hat in beiden Erzählungen seinen Auftritt und wird in "2" durchaus menschlicher gezeichnet als in "64".
In der ersten Geschichte "Zeit der Schatten" ist Futawatari die zentrale Figur. Gerade hat er seine regelmäßigen Versetzungspläne abgeschlossen, ereilt ihn die Nachricht, dass der ehemalige Direktor des Kriminaluntersuchungsamts Osakabe und nun Vorstand einer Stiftung seinen Posten keinesfalls räumen wird. Ein Skandal und ein ungeheuerliches Vorgehen, das Futawataris Pläne durcheinanderwirbelt. Als Futawatari dem Ganzen auf den Grund gehen will, stößt er auf einen alten, nie aufgeklärten Fall aus Osakabes Umfeld.
"Schwarze Linien" sind das täglich Brot der Kommissarin Mizuho Hirano: Im Team der Spurensicherung ist sie diejenige, die die Phantombilder zeichnet. Als sie eines Tages nicht zum Dienst erscheint, klingeln nicht nur bei Tomoko Nanao, die sich um die weiblichen Kolleginnen kümmert, die Alarmglocken. Gerade konnte ein Fall wegen Mizuhos Fähigkeiten erfolgreich abgeschlossen werden. Daher könnte ein Racheakt hinter Mizuhos Verschwinden stecken. Tomoko geht aber noch weiteren Spuren nach, um Mizuho zu finden.
"2" bietet nicht sonderlich viel Spannung, sondern eher einen ungewöhnlichen Einblick in den japanischen Polizeiapparat, wie es auch bei "64" der Fall ist. So wird in der ersten Erzählung von der Praxis berichtet, pensionierten Führungskräften zum Rentenbeginn Posten in Stiftungen zu verschaffen, um ihnen weiterhin ein prestigekräftiges Aufgabenfeld zu eröffnen. In der zweiten Erzählung geht es um den Alltag von Frauen bei der Polizei. Allerdings empfand ich die weibliche Perspektive eher recht klischeehaft geschildert.
Bibliographische Angaben:
Yokoyama, Hideo: "2" (Übersetzung aus dem Englischen: Roth, Sabine), Atrium, Zürich 2019, ISBN 978-3-85535-065-0
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