Labels

Samstag, 14. Januar 2012

„Wenn der Morgen kommt, werde ich traurig“ von Shungiku Uchida

Shizukos Leben wird zur Hölle auf Erden, als ihre Mutter mit Shizuko und Shizukos jüngerer Schwester Chie mit einem neuen Partner zusammenzieht, den die Mädchen Vater nennen sollen. Dieser Vater, der unter den eigenen Minderwertigkeitskomplexen leidet, hat ein Faible für einen Ratgeber, der die spartanische Erziehung anpreist. Insbesondere Shizuko ist den Schikanen des Stiefvaters ausgesetzt. Jeder Widerspruch wird drakonisch bestraft; wenn sie nicht die Beste ihres Schuljahrgangs ist, kann sie sich zu Hause auf ein Donnerwetter gefasst machen. Lob dagegen gibt es nie. Psychische und physische Grausamkeiten schaukeln sich auf  und schließlich tut der Stiefvater Shizuko auch noch sexuelle Gewalt an.

Shizuko findet noch nicht einmal Hilfe bei ihrer Mutter – sogar im Gegenteil: Die Mutter ist dem Stiefvater absolut hörig und drängt Shizuko dazu, die monatliche Vergewaltigung über sich ergehen zu lassen. Dies alles geschehe doch nur zu Shizukos Bestem. Der Verrat der eigenen Mutter wiegt fast noch schwerer, als die Gewalt des Stiefvaters.

„Wenn der Morgen kommt, werde ich traurig“ ist die entsetzliche Biographie der Autorin Shungiku Uchida. Der Titel der englischen Übersetzung „Father Fucker“ ist um einiges reißerischer, doch wird er dem Thema eher gerecht:

„Ich hatte völlig vergessen, dass ich einmal eine Hure war. Bis gestern. Die Bordellmutter hat mich bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr erzogen, sie war auch meine wirkliche Mutter, und mein Freier war ihr Liebhaber, mein Stiefvater.“ (S. 8)

Nur gute 150 Seiten umfasst der dünne Roman von Shungiku Uchida und doch ist er so voller Schmerz, Angst und Verzweiflung, dass man den Buchdeckel nur fassungslos schließen kann. Ein wahrlich mutiges Buch, das nicht nur die japanische Gesellschaft aufrüttelte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen