Von den bisher erschienenen Yoko Ogawa-Werken hat mich
„Zärtliche Klagen“ am wenigsten überzeugt. Hier hätten wir eine mäßig
sympathische Protagonistin namens Ruriko, die als betrogene und geschlagene
Ehefrau vor ihrem Ehemann in ein Landhaus flieht. Vor Ort trifft sie auf den
Cembalobauer Nitta, der gemeinsam mit seiner Assistentin Kaoru dem
Instrumentenbau nachgeht.
Ruriko fühlt sich von Nitta angezogen und auch er
findet Gefallen an Ruriko. Doch das Beziehungsgefüge ist komplex: Nitta und
Kaoru bilden bei ihrer Tätigkeit eine solide Einheit. Sie sind wie Zahnräder,
die ineinander greifen, und keine Einmischung eines Dritten dulden. So fühlt
sich Ruriko aus der Welt des Cembalos ausgeschlossen und wird gegenüber von
Kaoru eifersüchtig. Doch auch Kaoru hat Probleme, die aus tragischen
Geschehnissen aus der Vergangenheit resultieren. Nitta wiederum hat an seiner
gescheiterten Karriere als Pianist zu knabbern.
Die Figur der Ruriko war für mich recht irrational in ihren
Handlungen und daher bin ich wohl auch mit dem Roman nicht richtig warm
geworden. Und auch Nitta handelt inkonsequent bis geradezu abwegig. Da waren
mir Kaoru und die dickleibige Wirtin einer nahegelegenen Pension noch die
liebsten Charaktere.
Ein bisschen ratlos lässt mich der Roman auch mit seiner
Botschaft zurück. Ist er ein Plädoyer für die zweite Chance (Ruriko lässt ihr
Leben als Ehefrau hinter sich und beginnt nochmals neu/Nitta erfindet sich als
Cembalobauer neu, nachdem er als Pianist gescheitert ist/Kaoru findet
vielleicht die zweite große Liebe)? Oder soll er aufzeigen, welch verschlungene
Wege die Liebe geht? Oder geht es um die schönen Künste, die die Herzen der
Menschen öffnen können?
Während andere Yoko Ogawa Werke mich regelrecht in ihren
Bann geschlagen haben, so hab ich mich diesmal zwar nicht durchs Buch gequält,
aber die Faszination ist ausgeblieben. Wollen wir hoffen, dass die nächste
Veröffentlichung wieder mehr begeistern kann…
Bibliographische Angaben:
Ogawa, Yoko: „Zärtliche Klagen“ (Übersetzung aus dem
Japanischen: Mangold, Sabine), Liebeskind Verlag, München 2017, ISBN 978-395438-073-2
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