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Freitag, 7. September 2012

„Der 15. März 1928“ von Takiji Kobayashi

Der 15. März 1928 war ein düsterer Tag für die japanischen Sozialisten und Kommunisten. In einer Verhaftungswelle wurden 1.652 Personen inhaftiert, die unter Verdacht standen, der verbotenen Kommunistischen Partei Japans anzugehören oder mit ihr zu sympathisieren. Ca. 500 der Inhaftierten wurden schließlich auch strafrechtlich belangt. Im Zuge dieser anti-kommunistischen Aktion wurden auch weitere linke Parteien und Organisationen verboten.

Takiji Kobayashi hat mit seiner Erzählung „Der 15. März 1928“ diesem Ereignis ein Zeitzeugnis gesetzt. Er beschreibt aus dem Blickwinkel verschiedener Gefangener die Geschehnisse dieses und die der folgenden Märztage in der Stadt Otaru: Ryukitji hat aufgrund vorhergehender Verhaftungen seine Anstellung als Lehrer verloren. Als er von der Polizei am Morgen des 15. März aus dem Schlaf gerissen und verhaftet wird, sind Frau und Kind versteinert vor Schreck.

Die Gewerkschaftler Ssusumoto, Ssakanishi, Ssaito, Shibata, Ishida und Watari haben für den 15. März eine Protestkundgebung geplant und übernachten im Gewerkschaftsbüro. Doch viel Schlaf ist ihnen nicht vergönnt – sie werden von der Polizei wach geprügelt und abgeführt. Den Sekretär der Gewerkschaft, Kudo, erwischt es wie Ryukitji zu Hause.

Ssata, der sich seiner Mutter zuliebe von den Linken distanziert hatte, wird erst nach dem 15. März inhaftiert. Während die zurückbleibenden Frauen, die Ehefrauen und Mütter, plötzlich auf sich allein gestellt sind – schließlich fehlen die Einnahmen des Mannes – , werden einige der Inhaftierten brutalst von der Polizei gefoltert. Zwar ergeht sich der Autor in einschwörenden Äußerungen wie

„in ihnen allen steigt ein Empfinden auf, ein Ton, eine Farbe, eine Richtung, das Gefühl, das sie nie in den Stunden der Gefahr verlässt: Solidarität. Jene Solidarität, die das Proletariat zu einer Front zusammenschweißt.“

differenziert jedoch beim Feindbild: Die Polizei wird nicht als grundlegend schlecht erachtet. Zwar tummeln sich unter den Beamten sadistische Folterknechte, aber auch menschliche Züge werden illustriert: Polizisten, die den Gefangenen anbieten, den wartenden Ehefrauen Nachrichten zu überbringen und solche, die sich selbst gegen unwürdige Arbeitsbedingungen wehren wollen.

Tragische Ironie des Schicksals ist, dass der Autor seinen gefolterten Charakteren die Worte „Tötet mich doch lieber!“ in den Mund legt und 1933 selbst unter Polizeifolter ums Leben kommt.

Noch ein kleiner Hinweis: Diese Rezension basiert auf der online verfügbaren Version von „Der 15. März 1928“ auf Marxist’s Internet Archive/Nemesis. Daher auch keine Seitenzahlen bei den Zitaten. Die deutsche Originalausgabe aus dem Jahr 1932 wurde 1938 von den Nationalsozialisten verboten und auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" gesetzt.

Bibliographische Angaben:
Kobayashi, Takiji: „Der 15. März 1928“, Mopr, Berlin 1932

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