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Donnerstag, 15. September 2011

„Der weiße Buddha“ von Hitonari Tsuji

Hitonari Tsuji erzählt mit „Der weiße Buddha“ die Lebensgeschichte seines Großvaters – freilich inklusive gewisser künstlerischer Freiheiten:

Minoru wächst auf einer kleinen japanischen Insel auf. Doch schon als Kind erlebt er einen ersten Schicksalsschlag: Sein ein Jahr älterer Bruder fällt von einer Fähre und ertrinkt im Fluss. Da seine Mutter sich im entscheidenden Moment dafür entschieden hatte, Minoru und nicht den Bruder festzuhalten, quält Minoru der tragische Verlust des Bruders umso mehr. Minorus Leben ist fortan davon geprägt, über den Tod zu reflektieren. Schließlich wird er noch oftmals mit dem Sterben konfrontiert: Seine Jugendliebe Otowa stirbt überraschend in der der Fremde. Minoru kämpft in China und tötet im Überlebenskampf einen feindlichen Soldaten. Sein Sohn stirbt genauso tragisch wie sein Bruder. Ein Freund aus Kindertagen begeht Selbstmord. Und irgendwann stirbt auch Minoru selbst.

Doch bevor Minoru aus dem Leben scheiden muss, möchte er noch seine Lebensaufgabe erfüllen: Da der Platz auf der Insel begrenzt ist und die Inselbewohner ein besonderes Gefühl der Verbundenheit pflegen, soll aus den Knochen der Verstorbenen ein großer, weißer Buddha entstehen. (Da in Japan die Feuerbestattung üblich ist, bei der einzig die Knochen begraben werden, nachdem alles andere verbrannt ist, klingt das ekliger, als es ist.) Damit soll die Gemeinschaft auch nach dem Ableben gewahrt bleiben. So öffnet Minoru unter anderem auch die Urne seiner geliebten Otowa und erfährt dabei die Wahrheit über ihren mysteriösen Tod.

Doch auch Minorus Leben ist von Mysterien begleitet: Er erlebt Déja-vus, glaubt an Seelenwanderung und kann in Erfahrung bringen, welches Leben seine Tochter vor ihrer Geburt gelebt hat.

„Der weiße Buddha“ präsentiert neben der teilweise sehr traurigen Handlung anhand Minorus Leben einen anschaulichen Abriss der japanischen Geschichte: Vom Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg, über den Patriotismus während des zweiten Weltkriegs bis hin zur Industrialisierung der Landwirtschaft. Mit dem Roman setzt Hitonari Tsuji seinem Großvater, der ein außergewöhnlicher Mann gewesen zu sein scheint, wahrlich ein wunderbares Denkmal – auch wenn die „Der weiße Buddha“ stellenweise sehr betrüblich ist.

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