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Montag, 25. Juli 2011

„Eine Klinik in Tokyo“ von Shusaku Endo

Der Titel „Eine Klinik in Tokyo“ ist für den Roman von Shusaku Endo glatt etwas zu kurz gegriffen. Denn einerseits wird die Geschichte von Eiichi, einem Arzt in besagter Klink, erzählt, doch den Erinnerungen von Eiichis Vater Ozu wird fast noch mehr Platz eingeräumt: Anfang der 30 Jahre besucht Ozu die Mittelschule und verlebt mit seinem besten Freund Plattfisch eine bittersüße Jugend – beide sind verliebt in dasselbe Mädchen und unternehmen stümperhafte Versuche, ihr näher zu kommen. Als der zweite Weltkrieg beginnt, wird Plattfisch zuerst eingezogen. Ozu ist voererst noch zurückgestellt, muss sich dann aber auch zum Kriegsdienst melden. Die beiden Freunde werden sich nie wiedersehen.

Eiichi, Ozus Sohn, ist angewidert von der Kriegsgeneration mit ihrer antiquierten Weltanschauung. Fortschrittsglaube und Karrierebewusstsein prägen Eiichi. Es ist unausweichlich, dass es zu Spannungen zwischen Eiichi und Ozu kommt, die unter einem gemeinsamen Dach wohnen. Verschärft wird der Generationskonflikt, als eine Frau als Eiichis Patientin ins Krankenhaus eingeliefert wird, die Ozu einst aus der Ferne anschwärmte.

Shusako Endo hat mit „Eine Klinik in Tokyo“ ein ihm wohlbekanntes Setting und ihm geläufige Krankheitsbilder gewählt: Jahrelang lag er selbst mit einem Lungenleiden im Krankenhaus.

„Eine Klinik in Tokyo“ ist ein Roman, der Wehmut macht: Wehmut nach der sorgenfreien Schulzeit, Wehmut nach einer verlorenen Jugend, Wehmut nach den kleinen Dingen im Leben und Wehmut nach Freunden, die man mit der Zeit verliert. Die junge Generation erscheint neben der Kriegsgeneration oberflächlich und karrieregeil, auch wenn es idealistische Ausnahmen gibt.

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