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Mittwoch, 17. April 2024

„Mord auf der Insel Gokumon“ von Seishi Yokomizo

Seit Kosuke Kindaichis letztem Fall ist einige Zeit vergangen. Das liegt allerdings nicht daran, dass sich kein Verbrechen ereignet hat, was der Detektiv hätte lösen können, sondern am zweiten Weltkrieg: Auch Kosuke wurde zum Militärdienst einberufen. Als Soldat lernt er Chimata Kito kennen, mit dem er sich anfreundet. Chimata hat eine seltsame Angst vor dem Sterben. Er überlebt den Krieg – aber das Schicksal meint es nicht gut mit ihm: Nach Kriegsende rafft es ihn ausgerechnet auf der Rückfahrt in die Heimat dahin. Kosuke nimmt er im Delirium ein Versprechen ab: Kosuke soll an seiner Stelle auf seine Heimatinsel Gokumon reisen. Seine drei jüngeren Schwestern würden in Lebensgefahr schweben, sollte er nicht lebend aus dem Krieg zurückkehren.

Und so begibt sich Kosuke auf die Insel Gokumon, die einst von Piraten und weiteren Verbrechern bevölkert war, um der Familie Kito mitzuteilen, dass Chimata nicht mehr unter den Lebenden weilt. Kosuke lernt dabei die wichtigsten Personen der Insel kennen: den Priester, den Bürgermeister und den Arzt. Doch was ist mit Chimatas Vater, der eigentlich der Erbe des größten Fischereiunternehmens ist. Und was ist mit der verfeindeten Zweigfamilie, die einen Schönling beherbergt, der Chimatas Schwestern schöne Augen macht?

Kosukes Aufenthalt auf Gokumon ist nicht lange erquicklich – denn bald geschieht ein Mord, den es aufzuklären gilt. Doch es bedarf einiges an Zeit, Kommunikation und Kombinationsgabe, um die äußerst verwirrenden Geschehnisse richtig einzuordnen und den komplexen Fall zu lösen.

„Mord auf der Insel Gokumon“ hat mir weit besser gefallen als Seishi Yokomizos erster Kosuke Kindaichi-Roman „Die rätselhaften Honjin-Morde“. Der allwissende Erzähler rückt stark in den Hintergrund und die Protagonisten treiben selbst die Handlung an. Damit wird der Leser gleich stärker in den Plot gesogen und die Figuren werden greifbarer.

Der Fall selbst ist so verzwickt, dass man zwar an der einen oder anderen Stelle eine Ahnung hat, wer vielleicht der Täter sein könnte. Aber die eigentliche Aufklärung muss man Kosuke – Japans bestem Privatdetektiv – selbst überlassen.

Für Juni 2024 ist mit „Das Dorf der acht Gräber“ schon der nächse Kosuke Kindaichi-Fall angekündigt. Im englischen sind schon zwei weitere erschienen und ein dritter für den Herbst geplant. Sieht so aus, als dürften wir uns auch noch auf weitere deutsche Übersetzungen freuen.

Bibliographische Angaben:
Yokomizo, Seishi (Übersetzung aus dem Japanischen: Gräfe, Ursula): „Mord auf der Insel Gokumon“, Blumenbar, Berlin 2023, ISBN 978-3-351-05119-8

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