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Sonntag, 23. September 2018

„Unter der Mitternachtssonne“ von Keigo Higashino

Im Osaka der 70er Jahre findet ein Junge beim Versteckenspielen in einem verlassenen Gebäude die Leiche des Pfandleihers Kirihara. Mit mehreren Messerstichen wurde der Mann ermordet. Doch trotz intensiver Ermittlungen kann die Polizei den Mörder nicht dingfest machen. Alle Verdächtigen scheinen Alibis zu haben. Und ein Jahr später scheiden gar zwei davon unter seltsamen Bedingungen aus dem Leben. So müssen die Ermittlungen erfolglos eingestellt werden.

Aus unterschiedlichen Perspektiven werden in Folge Geschehnisse aus den kommenden 20 Jahren sowohl in Osaka als auch Tokio illustriert. Immer wieder kommt es zu Verbrechen wie Missbrauch, Vergewaltigung, Industriespionage oder Hacker-Angriffen. Dabei greift der Autor Keigo Higashino Themen auf, die für die jeweilige Zeit hochaktuell waren. Sei es die Einführung von Bankkarten oder Computerspiele, die im Trend lagen. Diese Themen werden immer wieder zum Aufhänger für neue Verbrechen.

Während die bisherigen Krimi-Übersetzungen von Keigo Higashino dem Whodunit-Genre zuzuordnen sind, schert „Unter der Mitternachtssonne“ diesmal aus. Denn es wird sehr schnell klar, dass zwei Personen auf mysteriöse Art und Weise in die Unglücke verkettet sind, die in ihrem Umfeld stattfinden. Kommissar Sasagaki bedient sich des Bildes vom Knallkrebs und der Grundel: Der Knallkrebs lässt die Grundel in seiner Höhle wohnen. Die Grundel wiederum warnt den Knallkrebs vor drohender Gefahr – eine perfekte Symbiose. Doch der Kriminalbeamte kann seine Theorie weder beweisen, noch den Verdächtigen habhaft werden. Und so fiebert der Leser mit, dass den beiden Bösewichten doch bitte endlich jemand das Handwerk legt, bevor sie noch weiteres Unheil stiften können.

Mit mehr als 700 Seiten ist „Unter der Mitternachtssonne“ zwar enorm lang, dafür aber so spannend, dass man gerne auch mal bis nach Mitternacht liest. Und das obwohl der Leser sehr schnell ahnt, wer hinter den bösen Machenschaften steckt. „Unter der Mitternachtssonne“ führt zwar viele Personen ein, was eine Herausforderung an den Leser ist, aber mir scheint, dass der Roman gerade durch die Vielfalt an Perspektiven so interessant wird. Jede neue Figur wird in ihren Eigenschaften genau herausziseliert und wächst einem manchmal sogar ein bisschen ans Herz. Umso schlimmer, wenn die Bösewichte dem liebgewonnenen Charakter dann etwas antun sollten.

Insgesamt gefällt mir persönlich „Unter der Mitternachtssonne“ viel besser als die Whodunit-Krimis des Autors, die mir manchmal zu konstruiert wirken.

Bibliographische Angaben:
Higashino, Keigo: „Unter der Mitternachtssonne“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Gräfe, Ursula), Tropen, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-608-50348-7

1 Kommentar:

  1. Ich liebe die Krimis dieses Autors. Bin auch der Meinung, dass es manchmal etwas konstruiert ist, doch trotzdem fand ich die Geschichten immer spannend. Dieses Buch jedoch hat mir am wenigsten gefallen. An sich schon spannend, aber mir war es dann auf Dauer etwas zu vorhersehbar und wiederholend...ich fand auch die Übersetzung nicht so toll...ich nehme an, es liegt an der Übersetzung. Es wird irgend ein Indiz beschrieben.. und später wird es dem Leser dann jeweils noch ganz genau erklärt. Solche Beschreibungen gabs mehrfach. Das empfand ich sehr störend.

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