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Montag, 11. Juni 2012

„Der kluge Regenbaum“ von Kenzaburo Oe

Der Band „Der kluge Regenbaum“ enthält vier Erzählungen des Literaturnobelpreisträgers Kenzaburo Oe. Kernstück bildet darin „Der Sündenbock“ mit rund 110 Seiten Umfang: „Der Sündenbock“ und Ich-Erzähler ist auf der Flucht. Denn er mag seinem Schicksal als Sündenbock entfliehen, das ihm in seinem japanischen Heimatdorf zugeschrieben wurde. Deswegen taucht er in Mexiko City unter. Als er auf einen japanischen Professor in der Fremde trifft, erzählt er ihm seine Lebensgeschichte, die man dem Protagonisten abnehmen oder in Zweifel ziehen kann. Interessant ist an „Der Sündenbock“ vor allem die Erzählweise als Monolog, der auch die Beobachtung des Verhaltens des Professors und des Rotlichtmilieus von Mexiko City einschließt.

„Der kluge Regenbaum“ ist die kurze Geschichte über eine Party auf Hawaii. Teilnehmer eines internationalen Symposiums werden in eine Villa geladen, die als Sanatorium für psychisch Kranke konzipiert wurde. Doch irgendetwas geht an diesem Abend nicht mit rechten Dingen zu…

„Angui, das Himmelsungeheuer“ war Kenzaburo Oes erste Erzählung, die die Behinderung eines Neugeborenen thematisierte und erschien sechs Monate nach der Geburt von Kenzaburo Oes behindertem Sohn Hikari (auch enthalten in dem Erzählband „Das verhasste Alter“): Nach dem Tod seines anscheinend behinderten Kindes fällt ein Komponist in eine schwere Depression und in den Wahn, ein Wesen aus dem Himmel namens Angui komme ihn hin und wieder besuchen. Der Ich-Erzähler, ein Student, ergattert den einträglichen Nebenjob, mit dem Komponist durch die Stadt zu streifen und Erledigungen für ihn zu übernehmen. Er wird dabei Zeuge eines dieser dubiosen Besuche und kommt dem Komponisten langsam auf die Schliche, was es mit den Erscheinungen auf sich haben könnte.

„Vom Flusspferd gebissen“ wurde ein vager Bekannter des Ich-Erzählers, als er in Uganda weilte. Dies liest der Erzähler in einer Zeitung und lässt seine Gedanken schweifen, wie er Briefkontakt zu diesem Bekannten aufgenommen hatte, der sich in der links-radikalen Szene bewegte – und eine bestimmte Nähe zur Funktion der Flusspferde im Ökosystem hatte…

Der Erzählband „Der kluge Regenbaum“ umfasst ein ganzes Spektrum der Themen Kenzaburo Oes: Behinderung, Depression, die dörfliche Gemeinschaft und Auseinandersetzung mit Extremismus. Meine Lieblingserzählung bleibt jedoch „Angui, das Himmelsungeheuer“, die trotz des schweren Themas eine fantastisch anmutende Leichtigkeit ausstrahlt.

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