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Freitag, 30. Mai 2014

Shin Nakagawa

Auch über Shin Nakagawa lässt sich nur wenig in Erfahrung bringen. Der Musikwissenschaftler wurde 1951 in der Präfektur Nara geboren. Er lehrte eine Weile in Kioto, scheint nun aber an der Universität von Osaka als Professor zu unterrichten. Er hat sich in seinen Forschungen und in der Lehre auf Klang-Landschaften, asiatische Volksmusik, Klangkunst und Kunstmanagement spezialisiert.

Anfang der 90er Jahr erhielt er mehrere Auszeichnungen für sein Engagement für die Musik.

Interessante Links:

Ins Deutsche übersetzte Werke und hier rezensiert:

Donnerstag, 29. Mai 2014

„Das Haus Kanze“ von Nobuko Albery

Nobuko Albery entführt mit „Das Haus Kanze“ in die Zeit der Ashikaga-Shogune im 14. und 15. Jahrhundert und in die Welt des No-Theaters: Noch führt die Familie Kanze eine unbedeutende Saragaku-Theater-Truppe in der Provinz Yamato. Doch der Vater Kiyotsugu hat ehrgeizige Pläne – er möchte die verstaubte Saragaku-Tradition mit neuen Einflüssen revolutionieren und den Ruf in die Hauptstadt erhalten, um vor dem Shogun aufzutreten. Doch es liegt ein weiter Weg vor ihm: Im eigenen Heimatdorf gelten die Schauspieler als Unberührbare, um Geld zu verdienen begeben sie sich regelmäßig auf „Schlammtour“ – sie ziehen von Ort zu Ort und spielen, wo immer es sie hin verschlägt.

Als Kiyotsugu die wilden Kuse-Tänze der Tänzerin Omina sieht, fällt es ihm wie Schuppen von den Augen: Dies ist die Inspirationsquelle, aus der er für seine Vision einer neuen Saragaku-Form schöpfen kann. Währenddessen wird sein hübscher Sohn Fujiwaka mehrmals zum „Nachtdienst“ in einen buddhistischen Orden befohlen – er soll mit dem zügellosen Abt das Bett teilen.

Kiyotsugus Theater-Auftritte sind von Erfolg gekrönt. Doch die so sehnlich erhoffte Einlandung nach Kioto bleibt aus – denn hier sind die Dengaku-Theater etabliert. Schließlich aber erhält die Kanze-Truppe doch den Ruf der Hauptstadt. Shogun Yoshimitsu ist nicht nur recht angetan von dem Saragaku-No-Theater, das bald nur noch als No-Theater bekannt sein wird, sondern auch von dem hübschen Fujiwaka, der nun in seinem Bett zum „Nachtdienst“ zur Verfügung stehen soll. So lastet bald enorm viel Druck auf Fujiwaka: Ihm obliegt es, den mächtigen und gefährlichen Shogun für die neue Theaterform günstig zu stimmen, was die intrigante Atmosphäre des Hofes ihm alles andere als erleichtert.

Als schließlich Kiyotsugu überraschend stirbt, steht Fujiwaka vor einer unlösbaren Aufgabe: Ihm fehlt die Anleitung durch den Vater; alleine kann er die Kanze-Truppe nicht führen. Zudem zweifelt er an den Stücken des Vaters, die an der Massentauglichkeit ausgerichtet sind. Wird es Fujiwaka gelingen, sich selbst und das No weiter zu entwickeln? Und welchen Preis wird er dafür zahlen müssen?

Nobuko Alberys „Das Haus Kanze“ hangelt sich an einigen historischen Tatsachen entlang, füllt den Großteil der Handlung jedoch mit eigener Imagination. Das Resultat ist ein lebendiges, spannendes Porträt einer Künstlerfamilie im Spannungsfeld von Politik und künstlerischer Weiterentwicklung. Obwohl drei Generationen der Familie Kanze dargestellt werden, wird der Roman nicht langweilig. Der Leser erfährt darüber hinaus fast schon beiläufig mehr über das No-Theater und die damaligen politischen und gesellschaftlichen Zustände.

Eine kleine Schwierigkeit besteht sicherlich darin, dass die Charaktere im Laufe der Zeit andere Namen annehmen. So wird aus Kiyotsugu Kanami, als er vom Shogun zum Künstlergefährten ernannt wird. Aus dem Jugendlichen Fujiwaka wird der Mann Motokiyo, der wiederum seinen Namen zu Zeami wechselt, als auch er Künstlergefährte des Shogun wird. Und auch die vielen Namen der Theaterdarsteller überfluten den Leser etwas.

Bibliographische Angaben:
Albery, Nobuko: „Das Haus Kanze“ (Übersetzung aus dem Englischen: Stege, Gisela), Knaur, München 2000, ISBN 3-426-61655-6

Mittwoch, 28. Mai 2014

Nobuko Albery

Da sich über Nobuko Albery nur wenig im Internet in Erfahrung bringen ließ, sind alle hier zusammengetragenen Informationen leider mit Vorsicht zu genießen. Vermutlich wurde Nobuko Albery im Jahr 1940 als Nobuko Uenishi in Ashiya geboren. Sie studierte zunächst an der Waseda Universität und im Anschluss an der New York University Theaterwissenschaften. 1963 begann sie bei der Überseevertretung der Toho, einer Theater- und Filmorganisation, zu arbeiten.

Sechs Jahre war sie nach ihrer Hochzeit in den 60er Jahren mit dem Japanologen Ivan Morris verheiratet. 1978 heiratete Nobuko den Theaterproduzenten Donald Albery, mit dem sie zweitweise in Monte Carlo lebte.

Nach dem Tod ihres Ehemanns im Jahr 1988 kehrte sie nach Japan zurück. Kurz nach dem Ableben ihres Gattens trat Nobuko Alberys Menopause ein. Die Symptome schrieb sie zunächst einer Depression zu. Ihre Erfahrungen über die Japan-Rückkehr und die Wechseljahre verarbeitete sie in ihrem Werk „Japanese Pride and Prejudice“.

1990 gründete Nobuko Albery mit der Japan Amarant Society eine Anlaufstelle für Frauen in den Wechseljahren.

Interessante Links:
  • London Review of Books: Michi and Meiji - Nobuko Albery über westliche und japanische Schreibstile

Ins Deutsche übersetzte Romane und hier rezensiert:

Donnerstag, 1. Mai 2014

„Sanshiros Wege“ von Soseki Natsume

„Es war, als ob er mitten im Kriegsgetümmel zwischen zwei Heeren eingeschlafen wäre und es verpasst hätte, sich dem Sieger anzuschließen.“ (S. 21)

So fühlt sich der Student Sanshiro, der in der Meiji-Zeit vom Land zum Studieren nach Tokio kommt. Alles geht irrsinnig hektisch vor sich, die Menschen hasten, die Straßenbahnen rumpeln und dazwischen steht der 23-jährige Kerl, der sich in der Großstadt wie ein Bauerntrampel vorkommt. Sanshiro erkennt, dass er sich im Spannungsfeld von drei Welten bewegt. Da ist die gemächliche, traditionsorientierte Heimat auf dem Land, dann die moderne, schnelllebige, laute Großstadt und schließlich die Wissenschaftswelt, die ihren eigenen Regeln unterliegt und ein eigenes System bildet (Luhmann lässt grüßen).

Sanshiro tut sich schwer, sich einzuleben und Anschluss zu finden. Durch seinen Studienkumpan Yojiro und einen Vertrauten seiner Familie findet er jedoch langsam Zugang zur Frauenwelt und zu Akademikern. Jedoch lebt er in ständiger Angst, etwas Falsches zu sagen und hält sich in seinen Äußerungen zurück. Denn wie eine zufällige Bekannte als auch seine Mutter erkannt haben: Sanshiro ist tendenziell eher ein Feigling.

Nichtsdestotrotz unternimmt er sachte Annäherungsversuche an Mineko, die eine moderne, junge Frau, wenn nicht gar eine Femme Fatale ist, die sich sehr wohl ihrer Wirkung auf die Männerwelt bewusst ist und diese zu manipulieren weiß. Primär mit dem Oberschullehrer und weisen Ratgeber Professor Hirota nimmt Sanshiro an philosophisch angehauchten Gesprächen teil. Hinter Hirota, der wie Sanshiros Mentor wirkt, vermutet man als Leser den Autor Soseki Natsume selbst.

Soseki Natsume lässt Sanshiro in leichtem und fast schon beiläufigem Ton ein Spannungsfeld zwischen Moderne und Tradition erleben. Geschlechterrollen werden in Frage gestellt und dann doch wieder nicht verworfen. Sanshiro selbst muss den Spagat zwischen dem Leben in der Großstadt und dem Leben in der Heimat schaffen, wenn er in den Ferien zu seiner Mutter zurückkehrt. Währenddessen scheint sich das akademische Leben schon globalisiert zu haben. Einen kleinen Seitenhieb versetzt Soseki Natsume auch dem Wissenschaftsbetrieb, in dem Intrigen gesponnen werden, um Karrieren zu fördern oder zu vernichten. Erst gegen Ende des Romans scheint Sanshiro die gesellschaftliche Situation kritisch zu hinterfragen: Sind die Menschen in der Moderne nicht alle verlorene Schafe? Hier mag man aber auch eine Chance für die weitere Entwicklung des Menschen Sanshiro sehen, der durch diese Erkenntnis an Ernsthaftigkeit gewinnt und sich so hoffentlich künftig in der Wissenschaft und dem Leben in der Großstadt besser behaupten kann.

„Sanshiros Wege“ ist der erste Teil einer Trilogie, dem „Und dann“ (in deutscher Übersetzung erschienen im Galrev, jedoch komplett vergriffen und entsprechend teuer in den Antiquariaten – sollte überhaupt ein Exemplar in den Handel kommen) und „Das Tempeltor“ (nicht in deutscher Übersetzung verfügbar) als Teil zwei und drei folgen und wohl einen weniger optimistischen Ton anschlagen als „Sanshiros Wege“.

Bibliographische Angaben:
Natsume, Soseki: „Sanshiros Wege“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Langemann, Christoph), Bebra, Berlin 2009, ISBN 978-3-86124-908-5