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Samstag, 7. April 2018

"Die Maske" von Fuminori Nakamura

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschließt der 60-jährige Familienpatriarch Yosuke Kuki, daß er zum Ende seines Lebens nochmals Vater werden möchte. Doch nicht, um sich an dem jungen Leben zu erfreuen, sondern um der Welt nach seinem Ableben ein Geschwür in Form von missratenem Nachwuchs zu hinterlassen. Dementsprechend hart werden die Erziehungsmethoden angewandt und der zweite Weltkrieg tut ein Übriges, um die Brut völlig zum Pychopathen zu transformieren. Das Geschwür soll und wird Böses in die Welt setzen.

Fuminori Nakamuras "Die Maske" setzt aber später ein, als der elfjährige Fumihiro Kuki vor seinen furchteinflössenden Vater zitiert wird. Dieser eröffnet dem Jungen, dass er nur gezeugt wurde, um die Familientradition der Geschwüre fortzuführen. Der Vater hat sich einen perfiden Plan ausgedacht, um in Fumihiros Herz das Teuflische zu pflanzen: Er adoptiert die junge, bezaubernde Kaori und lässt die beiden Gleichaltrigen sich anfreunden. Doch eines Tages will er Kaori so quälen, dass Fumihiro dem Wahnsinn verfällt und sich dem Bösen zuwendet.

Doch Fumihiro denkt gar nicht daran, sich in sein Schicksal zu ergeben. Er verliebt sich unsterblich in Kaori und jedes Mittel soll ihm recht sein, die Geliebte zu beschützen. Er gibt sich dem Vater gegenüber übertrieben kindlich und schmiedet insgeheim an seinem Plan, der ihm für immer seine seelische Ruhe rauben wird.

Jahre später begegnet der erwachsene Fumihiro dem Leser erneut. Doch zwischenzeitlich hat er eine andere Identität angenommen und sich durch plastische Chirurgie auch optisch völlig verändert. Die Vergangenheit scheint Fumihiro trotzdem einzuholen. Kaori droht erneut Gefahr und Fumihiro muss wieder alles aufs Spiel setzen, um sie zu retten.

Fuminori Nakamura, der als Noir-Autor bekannt ist, steigt wahrlich düster in den Roman ein. Die Handlung steigert sich bis zu einem enorm spannenden ersten Höhepunkt und bei dem Gedanken an Fumihiros gruseligen Vater stellt es einem richtiggehend die Nackenhaare auf.

Ganz anders wirkt dagegen der Teil, der dem erwachsenen Fumihiro gewidmet ist. Hier geht's zwischendurch fast schon clownesk-grotesk zu, als Fumihiro ein zweites Geschwür des Kuki-Clans kennenlernt. Dieser zweite missratene Sohn der Familie betätigt sich in einer dubiosen Terrorgruppe, die von Politikern Karaokeinterpretationen als verkleidete Popsternchen erpresst. Einerseits sind unter dieser Tonalität die sympathischeren Wendungen möglich, andererseits hätte es mich auch brennend interessiert, wie eine düsterere Version des Romans verlaufen wäre. Ich kann nur spekulieren, dass der Nachhall des Werks dann größer gewesen und stärker unter die Haut gegangen wäre. So verpufft er leider relativ schnell, was das Lesevergnügen selbst allerdings nicht schmälert. Hochspannend ist "Die Maske" aber auch in dieser Version.

Bibliographische Angaben:

Nakamura, Fuminori: "Die Maske" (Übersetzung aus dem Japansichen: Eggenberg, Thomas), Diogenes Verlag, Zürich 2018, ISBN 978-3-257-86337-6