Labels

Sonntag, 30. September 2018

Genki Kawamura

Genki Kawamura ist ein Filmproduzent und Autor, der 1979 in Yokohama geboren wurde. Er studierte Literaturwissenschaften an der Sophia Universität in Tokio. 2001 begann er bei den Toho-Studios zu arbeiten. Im Jahr 2005 landete er mit der Verfilmung von „Train Man“ einen Überraschungserfolg. 2010 verfilmte er Kanae Minatos „Geständnisse“.

Im Jahr 2012 debütierte Genki Kawamura mit dem Roman „Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden“, der erfolgreich verfilmt wurde. Es folgten bis dato zwei weitere Romane und vier Bilderbücher.

Interessante Links:

Ins Deutsche übersetzte Romane und hier rezensiert:

Samstag, 29. September 2018

"Erinnerungen aus der Sackgasse" von Banana Yoshimoto

Nachdem mich die letzten Neuveröffentlichungen von Banana Yoshimoto ja nicht mehr so vom Hocker gerissen haben, war meine Vorfreude auf "Erinnerungen aus der Sackgasse" eher verhalten. Umso schöner, dass sich der Erzählband als kleines Juwel entpuppt hat und mich daran erinnert, warum ich die Autorin so gerne mag.

Banana Yoshimoto gibt im Nachwort selbst an, dass ihr von allen ihren eigenen Werken die Erzählung "Erinnerungen aus der Sackgasse" am liebsten ist. Man merkt es aber allen Erzählungen des Buches an, dass sehr viel Herzblut darin steckt. Auch wenn die Thematiken traurig sind, dann wärmen die Geschichten doch das Herz.

Da geht es z.B. in "Das Geisterhaus" um eine verschrobene Liebesbeziehung unter Studenten, die nicht so wirkt, als könne es ein Happy End geben. In "Maamaa!" wird die Ich-Erzählerin fast vergiftet und rutscht infolgedessen in eine tiefe psychologische Krise. "Überhaupt nicht warm" handelt von einer ersten tiefen Freundschaft in Kinderzeiten, die tragisch endet. In "Tomos Glück" wird unter anderem die unglücklich endende Ehe von Tomos Eltern porträtiert. Und schließlich geht es in "Erinnerungen aus der Sackgasse" um eine Verlobte, die von ihrem Freund schmählich hintergangen wird und ihrem Leben einen neuen Sinn geben muss.

Alle Protagonisten werden in eine Krise geworfen und gehen aber - typisch für Banana Yoshimoto - gestärkt daraus hervor, weil sie an den Ereignissen gewachsen sind. Und schließlich ist doch irgendwie alles gut so, wie es gekommen ist.

Oder wie es in "Maamaa!" heißt:
"'Es war gut!', höre ich eine sanfte Stimme sagen.
Wie aus dem Nichts wiederholt sie das immer wieder, wie einen Refrain, ein Wiegenlied, als würde sie bejahen, dass ich am Leben bin. Wie wenn zu Frühlingsbeginn auf einen Schlag die Gräser sprießen, die Bäume ausschlagen und alles gelbgrün wird, dringt ihr Klang energisch und sanft zugleich zu mir herüber.
Deshalb schließe ich ein wenig die Augen und bejahe meine Welt, die ich im Zuge dieser seltsamen Ereignisse von außen zu sehen bekommen habe." (S. 156)

Bibliographische Angaben:
Yoshimoto, Banana: "Erinnerungen aus der Sackgasse" (Übersetzung aus dem Japanischen: Ortmanns, Annelie), Diogenes, Zürich 2018, ISBN 978-3-257-30056-7 

Dienstag, 25. September 2018

„Kein schönerer Ort“ von Manichi Yoshimura

Manichi Yoshimuras „Kein schönerer Ort“ beginnt recht harmlos: Die 5.-Klässlerin Kyoko wird von ihrer Mutter zusammengestaucht, weil sie versonnen in den Garten gestarrt hat und mit einer Blume redet. Man könnte sich denken, es geht um eine typische Teenagerstory, die sich um Widerstand gegen die Eltern und Wunsch nach Akzeptanz durch Gleichaltrige dreht. Wären da nicht die zunächst noch klitzekleinen Einwürfe, die einen beim Lesen stutzig machen: Warum glaubt Kyokos Mutter denn beispielsweise, dass die Nachbarn sie durch ein verstecktes Loch im Gartenzaun beobachten? Und warum darf Kyoko in ihrem Selbstlernheft nicht über Lebewesen schreiben?

Mehr und mehr verdichten sich die Anzeichen: In Umizuka, Kyokos Heimatstadt, ist irgendetwas ganz, ganz faul. Von einem Wiederaufbau nach einer Evakuierung ist die Rede. Und trotzdem soll es sich in Umizuka besonders gut und gesund leben lassen. Komisch, dass Kyokos Mitschüler trotzdem von heute auf morgen sterben. Kyoko ist zwar eine schlechte Schülerin, hat aber eine ausgeprägte Beobachtungsgabe. Wenn ihr das mal bloß nicht zum Verhängnis wird.

„Kein schönerer Ort“ ist – wie man unschwer herauslesen kann – nach 3/11 entstanden. Der Kurzroman liest sich wunderbar leicht dank Perspektive einer 5.-Klässlerin. Die Thematik wirkt dagegen umso bedrückender. Denn: Umizuka könnte prinzipiell überall sein oder sich überall wiederholen. Zu der Strahlung gesellen sich dann noch weitere Probleme: Um weiter machen zu können, müssen alle Bewohner die Gefahr und die Gesundheitsrisiken ausblenden. Ausnahmslos alle müssen mitmachen. Wer Bedenken äußert, wird selbst zur Gefahr, die ausgelöscht werden muss.

„Kein schönerer Ort“ zeigt, dass Literatur zu den Gefahren von Radioaktivität nicht schwer daher kommen muss. Leichtfüßig wie die junge Kyoko kommt er daher und dann zeigt er doch knallhart auf, wie verletzlich die Gesellschaft ist. Ein dünnes Buch mit einer Botschaft, die es in sich hat!

Bibliographische Angaben:
Yoshimura, Manichi: „Kein schönerer Ort“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Stalph, Jürgen), Cass, Löhne 2018, ISBN 978-3-944751-19-1

Montag, 24. September 2018

Manichi Yoshimura

Manichi Yoshimura wurde 1961 als Koichi Yoshimura in Matsuyama (Präfektur Ehime) geboren. Er wuchs in Hirakata in der Präfektur Osaka auf und ging dann nach Kioto, wo er ein pädagogisches Studium absolvierte.

2001 debütierte er mit „Kitzel Kitzel Bang“, 2003 erhielt er den Akutagawa-Preis für „Pferdehaarwürmer“. Sein Schreibstil ähnelt dem von Yasutaka Tsutsui.

Manichi Yoshimura ist nach wie vor Lehrer an einer Oberschule in der Präfektur Osaka und schreibt in seiner Freizeit.

Interessante Links:

Ins Deutsche übersetze Romane und hier rezensiert:

Sonntag, 23. September 2018

„Unter der Mitternachtssonne“ von Keigo Higashino

Im Osaka der 70er Jahre findet ein Junge beim Versteckenspielen in einem verlassenen Gebäude die Leiche des Pfandleihers Kirihara. Mit mehreren Messerstichen wurde der Mann ermordet. Doch trotz intensiver Ermittlungen kann die Polizei den Mörder nicht dingfest machen. Alle Verdächtigen scheinen Alibis zu haben. Und ein Jahr später scheiden gar zwei davon unter seltsamen Bedingungen aus dem Leben. So müssen die Ermittlungen erfolglos eingestellt werden.

Aus unterschiedlichen Perspektiven werden in Folge Geschehnisse aus den kommenden 20 Jahren sowohl in Osaka als auch Tokio illustriert. Immer wieder kommt es zu Verbrechen wie Missbrauch, Vergewaltigung, Industriespionage oder Hacker-Angriffen. Dabei greift der Autor Keigo Higashino Themen auf, die für die jeweilige Zeit hochaktuell waren. Sei es die Einführung von Bankkarten oder Computerspiele, die im Trend lagen. Diese Themen werden immer wieder zum Aufhänger für neue Verbrechen.

Während die bisherigen Krimi-Übersetzungen von Keigo Higashino dem Whodunit-Genre zuzuordnen sind, schert „Unter der Mitternachtssonne“ diesmal aus. Denn es wird sehr schnell klar, dass zwei Personen auf mysteriöse Art und Weise in die Unglücke verkettet sind, die in ihrem Umfeld stattfinden. Kommissar Sasagaki bedient sich des Bildes vom Knallkrebs und der Grundel: Der Knallkrebs lässt die Grundel in seiner Höhle wohnen. Die Grundel wiederum warnt den Knallkrebs vor drohender Gefahr – eine perfekte Symbiose. Doch der Kriminalbeamte kann seine Theorie weder beweisen, noch den Verdächtigen habhaft werden. Und so fiebert der Leser mit, dass den beiden Bösewichten doch bitte endlich jemand das Handwerk legt, bevor sie noch weiteres Unheil stiften können.

Mit mehr als 700 Seiten ist „Unter der Mitternachtssonne“ zwar enorm lang, dafür aber so spannend, dass man gerne auch mal bis nach Mitternacht liest. Und das obwohl der Leser sehr schnell ahnt, wer hinter den bösen Machenschaften steckt. „Unter der Mitternachtssonne“ führt zwar viele Personen ein, was eine Herausforderung an den Leser ist, aber mir scheint, dass der Roman gerade durch die Vielfalt an Perspektiven so interessant wird. Jede neue Figur wird in ihren Eigenschaften genau herausziseliert und wächst einem manchmal sogar ein bisschen ans Herz. Umso schlimmer, wenn die Bösewichte dem liebgewonnenen Charakter dann etwas antun sollten.

Insgesamt gefällt mir persönlich „Unter der Mitternachtssonne“ viel besser als die Whodunit-Krimis des Autors, die mir manchmal zu konstruiert wirken.

Bibliographische Angaben:
Higashino, Keigo: „Unter der Mitternachtssonne“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Gräfe, Ursula), Tropen, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-608-50348-7

Samstag, 22. September 2018

"64" von Hideo Yokoyama

Wer einen klassischen Krimi lesen will, der wird von Hideo Yokoyamas "64" gegebenenfalls enttäuscht werden. Denn der Roman nimmt sehr, sehr langsam Fahrt auf. Wer sich durch das circa 750 Seiten starke Werk wühlt, dem wird schon einiges an Durchhaltevermögen aufgebürdet.

Einerseits geht es schon auch mal um einen Cold Case: Zum Ende der Showa-Zeit (1989  = 64 Showa-Zeit) kommt es zu einem dramatischen Entführungsfall, bei dem das 7-jährige Opfer nach der Lösegeldübergabe tot aufgefunden wird. Trotz detaillierter Polizeiarbeit bleibt das Verbrechen ungelöst. Kurz vor der Verjährung soll der Fall Pubilicity-stark nochmal in den Blickpunkt der Medien gerückt werden mit der Botschaft, dass man den Mörder und Entführer nicht davonkommen lassen will.

Andererseits nimmt die spannungsgeladene Situation des Polizei-Pressesprechers Mikami die meisten Seiten in Beschlag: Mikami ist eigentlich ein klassischer Ermittler, der seine Versetzung in die Verwaltung als große Strafe betrachtet. In seiner Funktion als Pressesprecher meiden ihn die alten Kollegen aus der Kriminaluntersuchung. Doch nur wenn Mikami seinen derzeitigen Job gut erfüllt, dann hat er die Chance, wieder auf einen Ermittlerposten zurückversetzt zu werden. Zudem hat er als Führungskraft auch die Verantwortung für seine Mitarbeiter. Mikami steckt in einer Zwickmühle.

Dazu gesellen sich auch noch private Probleme. Mikamis Tochter ist verschwunden. Das Teenager-Mädchen leidet unter ihrem Aussehen. Leider hat sie nicht die Schönheit der Mutter, sondern die Gesichtszüge des wenig ansehnlichen Vaters geerbt. Und mit Mikamis Art kommt sie auch nicht klar. Eines Tages kehrt sie einfach nicht in ihr Elternhaus zurück.

Hideo Yokoyama räumt der Darstellung von Mikamis Arbeit als Pressesprecher enorm viel Raum ein. Zudem erfährt der Leser viel über die Strukturen bei der Polizei. Das mag für Japan-Freaks sicherlich noch irgendwie interessant sein. Doch mit der Zeit werden die Scharmützel zwischen PR-Abteilung und Presse bzw. Verwaltung und Kriminaluntersuchung ein bisschen fade und man fragt sich, wohin das denn noch alles führen und was das zur Klärung des Cold Case beitragen soll.

Es sei verraten, dass der Roman immerhin ab dem letzten Drittel doch endlich spannend wird. Wer sich so weit durchgekämpft hat, wird immerhin doch noch belohnt, wenn auch am Schluss einige Fragen offen bleiben.

Bibliographische Angaben:
Yokoyama, Hideo: „64“ (Übersetzung aus dem Englischen: Roth, Sabine & Stingl, Nikolaus), Atrium, Zürich 2018, ISBN 978-3-85535-017-9