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Dienstag, 21. Juni 2011

„Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ von Hiromi Kawakami

„Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ ist eine Zeile aus einem japanischen Skifahrerlied. Die Ich-Erzählerin Tsukiko, deren Liebesgeschichte Hiromi Kawakami erzählt, singt dieses Lied in einer einsamen, verzweifelten Nacht nach Neujahr, während sie spazieren geht. Gut, dass sie zufällig den Sensei, ihren ehemaligen Japanischlehrer trifft, der sie wieder auf andere Gedanken bringt.

Tsukiko und der Sensei hatten sich zufällig in der Bar von Satoru wiedergetroffen, die bald zur Stammkneipe wird. Tsukiko geht auf die 40 Jahre zu, ihr Sensei ist 30 Jahre älter. Beide sind Eigenbrötler: Tsukiko ist meistens allein, geht allein Trinken, allein ins Kino, allein auf Sonntagsspaziergänge – und vermisst Freunde oder einen Partner nicht allzu sehr. Der Sensei wurde vor einigen Jahren von seiner Frau verlassen, die zwischenzeitlich gestorben ist. Der schrullige, kauzige Sensei sammelt allerlei, wie z.B. leere Batterien, weil er sich von nichts trennen kann, was ihm einmal einen Dienst erwiesen hat. Immer adrett gekleidet und stocksteif wirkt er wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit.

Gut, dass die zwei sich zumindest zufällig immer mal wieder bei Satoru über den Weg laufen und gemeinsam essen und Sake trinken können. Die Handlung von „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ lebt von der Verschlossenheit der Charaktere. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl kommt eher durch gemeinsame, stumme Handlungen (essen, trinken, spazieren gehen, schweigen) als durch Konversation zu Stande. Insbesondere wird sehr, sehr viel gegessen.

Wie in „Herr Nakano und die Frauen“ passiert auch in „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ nicht wirklich viel: Der Sensei und Tsukiko gehen Pilze sammeln, ins Museum, in eine Spielhalle, dichten Haikus, verstreiten sich kurzzeitig, versöhnen sich… So plätschert die Handlung vor sich hin und besticht durch bodenständige Schlichtheit, während der Leser auf ein Happy End für das ungleichaltrige Pärchen hofft.

Wer sich auf diesen Roman einlässt, der wird ihn auch genießen. Die kauzige Art des Sensai, dessen Figur angeblich an den exzentrischen Schriftsteller Hyakken Uchida angelehnt sein soll, und die schmollenden Reaktionen von Tsukiko machen die Protagonisten unglaublich sympathisch. Der schmucklose Erzählstil passt genau zu der eher burschikos wirkenden Tsukiko. Und trotzdem wirkt die Stimmung zauberhaft und atmosphärisch.

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