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Freitag, 4. Mai 2012

„Ohan – Die Liebe einer Frau“ von Chiyo Uno

Ohan, das ist die mehr als duldsame Ehefrau des Taugnichts Kanoya. Vor Jahren hat dieser seine Frau zu ihrer Mutter zurückgeschickt, um sich mit der Geisha Okayo vergnügen zu können. Kurz nach ihrer Rückkehr zur Mutter bemerkt Ohan ihre Schwangerschaft und schenkt schließlich ihrem Sohn Satoru das Leben. Soweit die Vorgeschichte der unglücklichen Ehe.

Die Novelle von Chiyo Uno setzt ein, als Kanoya nach sieben Jahren unversehens auf seine Ehefrau trifft. Insbesondere der Wunsch, seinem Sohnemann endlich einmal zu begegnen, lässt Kanoya mit seinem Schicksal hadern: Soll er bei der Geisha Okayo bleiben, sich von ihr aushalten lassen und sich ein sorgenfreies Leben ohne Mühsal gönnen? Oder soll er zu seiner Ehefrau Ohan zurückkehren, die wie ein Vorbild an Tugendhaftigkeit auf ihn wartet, um endlich auch mit seinem Sohn zusammenleben zu können? Freilich müsste der nichtsnutzige Kanoya dann auch ausnahmsweise mal für sein Geld hart arbeiten. So richtig mag und kann der Kerl sich einfach nicht entscheiden: Von Okayo wird er durchgefüttert, von deren Nichte, die ihn Vater nennt, wird er bedient. Ohans Trumpf ist der gemeinsame Sohn Satoru, der Kanoya bereits in seinem Trödelladen, der nichts abwirft, mehrfach besucht hat. Kanoya hat sich Satoru zwar noch nicht als dessen Vater offenbart, jedoch entspinnt sich dennoch ein liebevolles, zwischenmenschliches Verhältnis. Neben Nichtsnutzigkeit und Selbstmitleid gesellt sich auch noch Feigheit zu Kanoyas Charakterzügen: Eine der beiden Frauen muss er enttäuschen, doch er drückt sich vor jeglicher Aussprache und Konfrontation. Dann kommt leider sowieso alles anders als erwartet…

Chiyo Uno, die die Sujets ihrer Werke meist aus den eigenen Erfahrungen schöpfte, gab an, sich im Fall von „Ohan – Die Liebe einer Frau“ vom Schicksal eines Ladenbesitzers, der auf der Insel Shikoku lebte, inspiriert zu haben. Die Autorin beschreibt mit der Figur der Ohan eine Person, die dem eigenen Lebenswandel diametral entgegensteht. Während Chiyo Uno ihre wechselnden Affären und Ehen einging, steht die tugendhafte Ohan zu ihrem untreuen Ehemann und erwartet sehnlichst seine Rückkehr. Doch das Ende scheint schließlich doch eine Veränderung in den tradierten Geschlechterverhältnissen anzudeuten.

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