Manazuru – das ist die einzige Spur, die Keis verschwundener Ehemann Rei hinterlassen hat. Also bricht Kei wiederholt nach Manazuru auf und schlägt auch die Warnungen ihrer Mutter in den Wind, die Manazuru als besonders „starken“ Ort charakterisiert. Für Kei, die auch in Tokio übersinnliche Wahrnehmungen von Geistern hat, öffnet sich in Manazuru eine zweite Realitätsebene. Ob sie hier Rei findet, wie vage von einem Frauengeist angedeutet? Diese Frau, die nur für Kei sichtbar ist, erscheint bevorzugt in Manazuru und führt Kei in verschiedene übersinnliche Situationen einer Parallelwelt.
Doch auch in der Realität hat Kei ihre Probleme: Ihre Tochter Momo im Teenager-Alter ist dabei, sich von ihrer Mutter abzunabeln und so sieht sich Kei mit dem Problem konfrontiert, dass sie von Momo ebenfalls eines Tages verlassen wird. Auch mit dem verheirateten Seiji, mit dem Kei eine langfristige Affäre hat, steht es nicht zum Besten: Er wirft Kei vor, Rei einfach nicht vergessen zu können und sich so nicht für eine Beziehung mit ihm öffnen zu können.
In „Am Meer ist es wärmer“ wechseln die beiden Wirklichkeitsebenen permanent und sorgen beim Lesen für Verwirrung: Was ist wahr und was Imagination? Traumwandlerisch taumelt Kei durchs Leben und versucht die Fäden der Erinnerung zu entwirren.
Nach „Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß“ und „Herr Nakano und die Frauen“ ist „Am Meer ist es wärmer“ der erste fantastische Roman von Hiromi Kawakami, der ins Deutsche übersetzt wurde. Leider fühlte ich mich etwas von der Autorin im Regen stehen gelassen: Was wollte sie mir eigentlich sagen? Dass man sich erst von Altlasten befreien muss, um sich etwas Neuem öffnen zu können? Dass zum Leben auch Abschiednehmen gehört? Dass Erinnerungen trügerisch sind? Viele Fragen bleiben bei „Am Meer ist es wärmer“ offen.
PS: Wer wissen will, wie es in dem wirklichen Manazuru aussieht, der hat hier die Gelegenheit dazu.
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