Mit „Tanze, Schneck, tanz“ erzählt Minako Oba Geschichten aus ihrem Familien- und Verwandtenkreis. Wie oft bei japanischen Büchern wurden die einzelnen Kapitel von „Tanze, Schneck, tanz“ zuerst als singuläre Folgen in einer Zeitschrift abgedruckt, bevor schließlich das Buch daraus entstand.
So erzählt Minako Oba von ihren Großmüttern, die bereits einem modernerem Frauentyp entsprachen. Von ihrer Mutter, die optisch einem „modern girl“ glich. Von den Großvätern und ihrem Vater, die ihren eigenen unkonventionellen Lebensstil pflegten. Von den Launen ihrer Tanten. Von dem Schicksal ihrer mittellosen Mitschülerinnen. Von ihrem Treffen mit Yasunari Kawabata.
In diesen persönlichen Erzählungen ist auch die japanische Geschichte eingebettet: Der Weltkrieg, die Modernisierung, das harte Leben der Pachtbauern. Doch alle Entwicklungen und Geschehnisse spiegeln sich nur im Mikrokosmos der Familie wider ohne einen großen geschichtlichen Erklärungszusammenhang zu liefern. Minako Oba erzählt dabei aus ihrer eigenen Perspektive auch über Ereignisse vor ihrer Geburt, auf die sie sich nur durch das Hörensagen bezieht.
„Tanze, Schneck, tanz“ ist damit ein sehr anschauliches Stück japanische Familiengeschichte mit lustigen Anekdoten über die Schrulligkeit der Verwandtschaft: Der Großvater beispielsweise kehrte von Ausritten ganz gerne erst dann zu Fuß zurück, wenn er den Gegenwert des Pferdes in einer Kneipe versoffen hatte.
Dennoch ist das Lesen etwas anstrengend: Minako Oba springt von Assoziation zu Assoziation und folgt damit der japanische Schreibtradition des Zuihitsu; des „dem Pinsel folgen“. Dadurch wird die Geschichte eines Verwandten nicht stringent erzählt. Die Autorin hüpft von der einen Anekdote über den Großvater zu einem Gedankengang über den Vater und dann wieder zurück zum Großvater. In einer europäischen Lesart ist „Tanze, Schneck, tanz“ dadurch etwas konfus geraten, was jedoch nicht den Lesegenuss schmälern sollte.
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