„69“ ist ein herrlich komischer, Kulturen und Generationen übergreifender Roman über das Erwachsenwerden, der so gar nichts mit den anderen, brutaleren Romanen von Ryu Murakami gemein hat.
Wir schreiben das Jahr 1969, die Studenten weltweit üben Protest gegen den Vietnam-Krieg, philosophieren über Marx und kosten das Leben aus vollen Zügen – nur in Kens Heimatstadt, einem kleinen Kaff an der japanischen Küste aus dem die Jets der amerikanischen Besatzer aufsteigen, herrscht alles andere als revolutionärer Geist. Im Grunde genommen gibt es hier nur eines: Gähnende Langeweile. Ken ist ein Angeber mit gefährlichem Halbwissen, der sich vor seinen Mitschülern und vor allem Mitschülerinnen mit seinem pseudo-weltmännischen, pseudo-kommunistischen Geschwätz erfolgreich produziert. Wie sollte er auch ansonsten Eindruck vor den Mädels schinden, wenn er sich nicht als Revoluzzer gegen das kriegstreiberische System darstellen kann? Um ein Zeichen zu setzen, planen er und seine Kumpane die Verbarrikadierung der Schule – selbstverständlich nicht aus politischen Gründen, sondern um die Angebetete endlich ins Bett zu bekommen. Und bevor die Langeweile wieder die Oberhand gewinnt, müssen Ken und seine Kumpane nun auch noch das "Morgenlatten-Festival" organisieren. Doch nicht alle männlichen Teenager sind von dem Vorhaben begeistert, sind Ken & Co. doch gerade dabei, die heißesten Partien abzustauben.
Ryu Murakami, der wegen der wegen einer Demonstration auf dem Dach seiner Oberschule tatsächlich von ebensolcher verwiesen wurde, schreibt mit „69“ seine eigene Geschichte und zeigt den Teenager Ken in sympathischer Weise um Coolness ringen, ohne einen Fremdschäm-Effekt hervorzurufen. Beste Leselaune ist mit "69" jedenfalls garantiert! Einzig und allein ein bisschen störend: Allzu oft ergeht sich der Protagonist in Übertreibungen, die er im nächsten Satz schon gleich mit einem "ganz so war's dann doch nicht" wieder relativiert. Hier wäre weniger mehr gewesen.
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