Zwar umfasst „Der Blinde und das Mädchen“ nur gute 100 Seiten, doch um die Kurzgeschichten genießen zu können, sollte man sich Zeit lassen und sich nicht durch das Büchlein durchfressen.
Da ist zum Beispiel die Geschichte „Wartesaal Dritter Klasse“, in der ein verabredeter Treffpunkt die Entwicklung einer Liebesbeziehung unerwartet beeinflusst. In „Unvergänglich“ wird ein Spaziergang eines ungleichen Paares geschildert, das doch von ganz anderer Art ist als man anfangs vermuten mag. Oder im „Bahnhof im Herbstregen“ treffen zwei ehemalige Rivalinnen in der Liebe erneut aufeinander und spielen ein sicherlich kindisches Spielchen miteinander, um sich erneut gegenseitig auszustechen.
Manchmal wirken die Handlungen in Yasunari Kawabatas Handtellergeschichten sehr real, um sich dann als eine Geschichte aus der Geisterwelt zu entpuppen. Dann wieder werden Traumsequenzen skizziert, die besonders surreal wirken. So spielen die Kurzgeschichten mit Wirklichkeitsebenen, deuten die Dinge nur an, lösen schließlich nicht und nur ansatzweise auf. Sicherlich offenbart sich der Reiz dieser Kurzgeschichten nur, wenn man sich auf diese Vagheit einlässt.
Bibliographische Angaben:
Kawabata, Yasunari: „Der Blinde und das Mädchen“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Schaarschmidt, Siegfried & Putz, Otto), Hanser, München/Wien 1999, ISBN 3-446-19694-3
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