Einerseits aus Frust, da ihr Geliebter, ein verheirateter Professor für Philosophie, sie versetzt hat, andererseits aus Überzeugung sticht Yumiko eines Tages mit einem Leitartikel in ein Wespennest: Gewisse politische Kreise drängen daraufhin ihren Arbeitgeber dazu, sie in eine unbedeutende Abteilung abzuschieben. Doch so einfach gibt Yumiko nicht klein bei - sie aktiviert ihr gesamtes Netzwerk, das neben Urano und ihrem Geliebten auch ihre Tochter, ihre Tante, einen Yakuza, einen Finanzbeamten, einen Geschichtswissenschaftler und einen Kalligraphen umfasst. Das Networking geht sogar soweit, dass sich das Töchterlein von einem geifernden Alten betatschen lässt.
„Die Journalistin“ behandelt jedoch auch über längere Abschnitte hinweg eher theoretische Betrachtungen, die Japan-affine Leser bestimmt nicht langweilen. So zum Beispiel der Tradition des Schenkens in Japan:
„Das moderne Japan ist ein Imperium des Schenkens. Im Vergleich dazu sind die Abendländer nicht sehr spendabel. Natürlich pflegen sie diesen Brauch auch, zu Weihnachten, an Geburtstagen. Aber insgesamt ist das Schenken dort auf viel weniger Anlässe beschränkt, während wir es bei allen erdenklichen Gelegenheiten praktizieren. Beileidsgaben in Form von Geld sind im Westen zum Beispiel überhaupt nicht üblich.“ (S. 241)
Doch das Schenken ist alles andere als selbstlos: Der Schenkende versichert sich somit der Unterstützung des Beschenkten. Eine Hand wäscht die andere – Networking durch Geschenke. Dies gilt insbesondere für die Politik. So sträubt sich der amtierende Generalsekretär vehement, auch nur irgendetwas ohne Gegenleistung zu tun.
„Wenn ich eine Verpflichtung habe, dann setze ich alles daran, sie zu erfüllen. Aber ich bin absolut nicht bereit […], etwas umsonst zu tun. Ich halte so etwas für sittenwidrig. Es wäre für beide Seiten schädlich, meine ich. [.] Diese Maxime ist mir während meiner politischen Lehrjahre regelrecht eingebläut worden. Sie ist sozusagen das Herzstück der konservativen Politik Japans.“ (S. 234)
Die Protagonistin Yumiko entspricht einer Powerfrau: Sie macht Karriere, braucht keinen Ehemann, kennt Hinz und Kunz und bekommt auch den Frauenhaushalt mit Tochter, Mutter und teilweise Tante geregelt. Dennoch ist sie „nur“ Geliebte eines Philosophen, dem sie das Gefühl gibt, mental überlegen zu sein. Auch zum Ende hin wendet sie sich mehr in Richtung eines traditionellen Frauenbildes, was leider einen etwas faden finalen Eindruck hinterlässt.
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