Ganz generell harmonieren für Junichiro Tanizaki die westlichen Annehmlichkeiten wie Öfen und elektrisches Licht nicht mit japanischen Häusern. Zwar mag der Autor zwar selbst nicht auf diese technischen Errungenschaften verzichten, quält sich jedoch arg, einen Weg zu finden, diese in sein Haus zu integrieren und gleichzeitig sein Budget nicht überzustrapazieren.
Auch beim Essen spielt die Dunkelheit eine Rolle:
„gewiss ist jedenfalls, dass der Appetit um die Hälfte abnimmt, wenn man japanische Speisen an einem hellen Ort aus weißlichem Geschirr isst.“ (S. 30)
So soll es für ihn bestenfalls im Zimmer schummrig sein und die Gerichte sollen in dunklem Lackgeschirr serviert werden. Der Essende wird die Speisen gleich viel ehrfürchtiger zu sich nehmen.
Junichiro Tanizaki führt noch weitere Beispiele für die Relevanz des Schattens in der japanischen Ästhetik auf: die Schummrigkeit auf der No-Bühne, die schwarz gefärbten Zähne der Frauen, die im Schatten liegende Tokonoma-Nische. Denn schließlich gilt für die japanische, traditionelle Ästhetik:
„Wir sind der Meinung, Schönheit sei nicht in den Objekten selber zu suchen, sondern im Helldunkel, im Schattenspiel, das sich zwischen den Objekten entfaltet.“ (S. 53)
Schlecht ernst nehmen kann man den Autor jedoch, wenn er behauptet, weiße US-Amerikaner hätten ein untrügliches Gespür für Mischlinge, die auch nur ein klitzekleines bisschen schwarzes Blut in sich trügen. Da unterstellt er den Westlern sicherlich zuviel Drang nach Helligkeit.
Heutzutage mutet „Lob des Schattens“ ein bisschen kurios an – denkt man insbesondere an das nächtliche, hell erleuchtete Tokio und an beheizbare, japanische Klobrillen.
Bibliographische Angaben:
Tanizaki, Junichiro: „Lob des Schattens“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Klopfenstein, Eduard), Manesse, Zürich 2009, ISBN 978-3-7175-4039-7
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