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Montag, 8. April 2013

„83 Tage – Der langsame Strahlentod des Atomarbeiters Hisashi Ouchi“ von Hiroshi Iwamoto/NHK-TV

Hiroshi Iwamoto dokumentiert mit „83 Tage – Der langsame Strahlentod des Atomarbeiters Hisashi Ouchi“ den Strahlenunfall, der am 30. September 1999 in einer Kernbrennstoffanlage in Tokaimura zwei Arbeiter verstrahlte und sie in einen langsamen, qualvollen Tod schickte. Der Autor, der für die NHK eine Reportage über den Strahlentod von Hisashi Ouchi drehte, gießt dessen erschütternde Krankheitsgeschichte mit „83 Tage – Der langsame Strahlentod des Atomarbeiters Hisashi Ouchi“ in Buchform.

Am 30. September 1999 sind Hisashi Ouchi und sein Kollege Masato Shinohara gerade dabei, mit einem Stahleimer Uranlösung abzufüllen. Ohne zu wissen, dass diese Maßnahme höchst gefährlich war und auch nicht den Sicherheitsbestimmungen entsprach, erreichte die Uranlösung die Kritikalität – Ouchi und Shinohara wurden durch Neutronenstrahlung verstrahlt.

Ouchi wurde ins Universitätsklinikum von Tokio verlegt, wo ihn eine ganze Bandbreite von medizinischen Experten behandeln sollte. Während Ouchi zunächst noch fit wirkte und die Krankenschwestern vermuteten, ihn tatsächlich eines Tages gesund entlassen zu können, durchlebte Ouchi in seinen letzten Tagen ein unsägliches Martyrium. Denn die Strahlung hatte seine Chromosomen komplett zerstört – eine Zellbildung war nicht mehr möglich. Die Haut, die verstrahlt war, ging ab und konnte sich nicht mehr regenerieren. Ouchis Körpervorderseite lag nach einigen Tagen blutend frei. Ebenso erging es der Magen- und Darmschleimhaut: An eine Verdauungsfunktion war irgendwann nicht mehr zu denken; die Organe sonderten nur noch Blut ab. Der Patient verlor schließlich pro Tag 10 Liter Blut und Flüssigkeit, die durch Transfusionen ersetzt werden mussten. Diverseste Medikamente, die unter anderem Infektionen verhindern und den Blutdruck konstant halten sollten, wurden Ouchi zudem verabreicht. 83 Tage Leid ohne Hoffnung auf Heilung...

Doch nicht nur die Leidensgeschichte von Hisashi Ouchi wird in Hiroshi Iwamotos Dokumentation eingefangen. Auch die Ärzte und Pfleger kommen zu Wort. Sie sind gefangen in Hilflosigkeit und Zweifel. Wie lässt sich gegen einen derartig übermächtigen Gegner wie der Strahlung ankämpfen? Und macht es denn noch Sinn, Ouchi weiterhin am Leben zu erhalten, ihn zu reanimieren, wenn doch alle Körperfunktionen langsam aber sicher auszusetzen drohen? Wird sein Leid nur unnötig in die Länge gezogen?

„83 Tage – Der langsame Strahlentod des Atomarbeiters Hisashi Ouchi“ ist alles andere als eine angenehme Sonntagslektüre. Die Dokumentation schockiert mit medizinischen Details und zeigt eindrücklich die Hilflosigkeit des Menschen gegenüber der unbeherrschbaren Kraft der Strahlung auf. Wenn das Höllentor erst einmal aufgestoßen ist, ist jede Hoffnung vergebens...

Bibliographische Angaben:
Iwamoto, Hiroshi/NHK-TV: „83 Tage – Der langsame Strahlentod des Atomarbeiters Hisashi Ouchi“ (Übersetzung aus dem Englischen: Wegberg, J.T.A.), Redline Verlag, München 2011, ISBN 978-3-86881-315-9

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