„Liebe am Papierrand“ ist vielleicht der ruhigste unter den ins Deutsche übersetzten Romanen von Yoko Ogawa: Nachdem ihr Ehemann die Protagonistin und Ich-Erzählerin verlassen hat, beginnen deren Hörprobleme. Zunächst klingt es wie Flötenspiel, bis die Störung so extrem wird, dass sich die Ich-Erzählerin in ein Krankenhaus einweisen lassen muss. Die Ohren sind so empfindlich und überreizt, dass selbst normale Klänge zur Qual werden.
Während der Rekonvaleszenz wird sie von einem Gesundheitsmagazin zum Interview über Ohrprobleme gebeten. Y ist der Stenograph des Interviews und fällt der Ich-Erzählerin durch seine Hände auf. Von den Händen abgesehen wäre Y ein unspektakulärer Mann, doch seine flinken Stenographenfinger üben eine enorme Anziehung auf die Protagonistin aus.
Die Hörprobleme der Ich-Erzählerin ändern sich etwas. Sie meint, das Geigenspiel ihres im Alter von 13 Jahren verschwundenen Jugendfreundes zu hören. Sie bittet Y, seine Stenofähigkeiten der Geschichte ihrer Ohren zu widmen. Doch der Stenoblock hat nur ein beschränkte Anzahl von Seiten - und dann wird vielleicht auch Y wieder aus ihrem Leben verschwinden...
„Liebe am Papierrand“ entbehrt einer spektakulären Handlung wie beispielsweise „Hotel Iris“ und plätschert etwas dahin. Auch fehlen die typischen Gruselschauer, die einen bei Yoko Ogawa-Texten sonst ereilen. Stattdessen schwebt eine zauberhaft-phantastische Atmosphäre über der Geschichte, die vom Plot her auch von Banana Yoshimoto stammen könnte, ohne dass deren Blumigkeit der Sprache nötig ist.
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