Taeko Konos Roman „Riskante Begierden“ wird aus der Sicht der jungen Ehefrau Hinako geschildert und setzt mit diesen beiden Sätzen ein:
„Hinako heiratete Otaka Masataka im Frühling 1941. Damit nahm eine sonderbare Ehe ihren Anfang, auf die sie nicht im geringsten gefasst war.“ (S. 7)
Doch bevor dem Leser die bizarre Ehe vorgeführt wird, wird er zunächst über diverse Familienverflechtungen und Eigenarten der Personen aufgeklärt, darf der Anbandelung von Hinako und Masataka beiwohnen und erlebt in deren Hochzeitsnacht mit, dass die traditionelle Rollenverteilung umgedreht wird: Die starke, befehlende Kraft soll Hinako spielen, Masataka will sich ihr unterordnen. Freilich klappt das Liebesspiel mit der jungfräulichen Hinako noch nicht reibungslos, aber das soll sich von Mal zu Mal ändern.
Mit „Riskante Begierden“ liegt jedoch kein expliziter SM-Roman vor. Dafür werden die wenigen Sex-Szenen zu spärlich auf den über 300 Seiten verteilt. Viel mehr Raum wird dem alltäglichen Leben und der Familiengeschichte eingeräumt. So wird ein großer Gegensatz zwischen den Otakas und Sagaras deutlich: Die liebevolle, geordnete Otaka-Familie steht einer chaotischen Sagara-Familiengeschichte mit cholerischem Familienoberhaupt gegenüber. Eine Parallelität findet sich dagegen in Hinakos Liebesleben: Die beiden Männer in ihrem Leben sind beide vom Todeswunsch beseelt.
In der Kritik wurde „Riskante Begierden“ unter anderem als subtiles Meisterwerk der Autorin gepriesen, als der Roman 1990 in Japan erschien. Diese Subtilität mag für japanische Leser sicherlich vorhanden sein (z.B. in dem komplizierten Geflecht von Höflichkeitsregeln in der Anrede), wirkte aber auch mich so glatt gar nicht. Natürlich entdeckt man eine Entwicklung im Charakter der Hinako, doch im Grunde blieb sie für mich eine naives Mädchen aus gutem Haus, das sich auf ein Spiel mit ihrem Ehemann einlässt. Gut behütet macht sie sich nur wenige Gedanken, die über ihr Eheleben hinausgehen. Doch selbst bezüglich des Schicksals ihres Mannes erscheint sie regelrecht indifferent. So bleibt sie als Protagonistin unzugänglich, ihre Motive bleiben im Unklaren und ihre Gedankengänge beginnen immer mehr zu nerven. Sie wirkt weltfremd und scheint sich keinerlei Vorstellungen von der Zukunft oder von den Konsequenzen ihres Handelns zu machen.
„Riskante Begierden“ reicht für mich nicht ansatzweise an Taeko Konos Erzählband „Knabenjagd“ heran, der wirklich unter die Haut geht. „Riskante Begierden“ langweilt dagegen.
Bibliographische Angaben:
Kono, Taeko: „Riskante Begierden“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Mangold, Sabine & Hayasaki, Yukari), Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-518-39897-0
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