Da sind natürlich seine Eltern: Der Vater, der eine Militärakademie absolvierte und schließlich selbst an einer Militärschule unterrichtete, legte Maßstäbe eines Samurais an die Söhne an. Umso unverständlicher war für ihn, dass der kleine Akira lieber Mädchenspiele mit den Schwestern spielte, als sich mit Jungs auszutoben. Die Mutter wirkte dagegen mehr wie ein stoischer Ruhepol in der Familie. Mit seinem älteren Bruder Heigo verband Akira Kurosawa eine enge Bindung: In seinen 20ern lebte Akira Kurosawa einige Zeit in Heigos Haushalt und Heigo, der sich als Stummfilmerzähler verdingte, begeisterte Akira Kurosawa für das Medium Film. Umso schlimmer wog der Selbstmord des Bruders: Mit 27 nahm er sich in einem Gasthaus auf der Halbinsel Izu das Leben – da die Menschen, sobald sie das Alter von 30 Jahren überschritten, ohnehin nur hässlicher und gemeiner würden.
Der Leser erfährt auch, dass der kleine Akira als Schüler als Heulsuse verschrien war. Mit der zweiten Heulsuse des Schuljahrgangs, Uekusa, freundete sich Akira Kurosawa an. Später sollte Uekusa ebenfalls Drehbücher schreiben und Akira Kurosawas Lebensweg erneut und mehrfach kreuzen. Dank des fortschrittlich denkenden Lehrers Tachikawa wurden die beiden schwächlichen Schüler dennoch gefördert.
1928 begann sich Akira Kurosawa für die proletarische Kunst zu interessieren; 1929 trat er in die Liga der proletarischen Künstler ein. Die dem Naturalismus verhaftete Bewegung konnte Akira Kurosawa jedoch nicht langfristig binden; er ging für die proletarische Presse in den Untergrund. Dennoch konnte er sich nicht zum Kommunismus bekennen:
„Eigentlich empfand ich nur die vage Unzufriedenheit und Abneigung, die mir die japanische Gesellschaft einflößte, und um mit diesem Gefühl fertig zu werden, schloss ich mich der radikalsten Bewegung an, die ich finden konnte. Aus heutiger Sicht erscheint mir mein damaliges Verhalten reichlich frivol und leichtsinnig.“ (S. 96 f.)
Im Zusammenhang mit seinem Engagement für die proletarische Bewegung hatte er selbstverständlich auch einige unangenehme Begegnungen mit der Polizei. Eine schwere Krankheit war der Anlass für seinen Ausstieg.
Nach dem Tod seines Bruders bewarb sich Akira Kurosawa als Regieassistent bei den P.C.L.-Studios. Zunächst war er alles andere als begeistert von seinen Aufgaben und wollte bereits hinschmeißen. Doch insbesondere durch die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Kajiro Yamamoto wurde Akira Kurosawas Lehrzeit eine besonders fruchtbare. Schließlich war es soweit, dass Akira Kurosawa mit „Sugata Sanshiro“ seinen ersten eigenen Film drehen durfte. Anlässlich der Fertigstellung hatte er auch seine erste unliebsame Begegnung mit der japanischen Zensur.
„So etwas wie eine Autobiographie“ endet mit dem Abdrehen von „Rashomon“, für den Akira Kurosawa mit dem Goldenen Bären der Filmfestspiele von Venedig ausgezeichnet wurde und sich international etablieren konnte. Nicht nur „Rashomon“, sondern auch seinen anderen Filmen, die er bis 1950 drehte, widmet er ein Kapitel. So erhält der Leser einen kleinen Einblick in die jeweiligen Schaffensphasen.
„So etwas wie eine Autobiographie“ liest sich flüssig und ist aufgrund vieler Anekdoten sehr kurzweilig. Sicherlich werden Filmfans besonders auf ihre Kosten kommen, doch auch ohne ein Akira Kurosawa-Anhänger zu sein, macht die Lektüre Spaß. Durch die Gedanken zu Heigos Selbstmord, zur Zensur, zu Streiks und zur japanischen Gesellschaft enthält „So etwas wie eine Autobiographie“ aber auch ernstere Themen.
Bibliographische Angaben:
Kurosawa, Akira: „So etwas wie eine Autobiographie“, Schirmer/Mosel, München 1986, ISBN 3-88814-201-6
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