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Montag, 28. November 2011

„Der Vulkan“ von Shusaku Endo

Mit „Der Vulkan“ erzählt Shusaku Endo die Geschichte von zwei in die Jahre gekommenen Männern. Suda hat sich die letzten Jahre als Abteilungsleiter eines meteorologischen Instituts so intensiv mit dem Vulkan Rotgipfel auseinandergesetzt, dass er sich den Spitznamen „Geist des Rotgipfels“ eingefangen hat. Mit seiner Pensionierung fehlt ihm eine Aufgabe. Da ist er dankbar, dass der Stadtverordnete Aiba für ihn Verwendung hat: Aiba plant ein Hotel am Rotgipfel und Suda als Vulkanexperte soll bestätigen, dass der Vulkan nicht mehr ausbrechen wird. Suda erachtet den Rotgipfel als sein Spiegelbild: Beide sind alt und müde geworden.

Der exkommunizierte, ehemalige katholische Priester Durand dahingegen sieht im Rotgipfel die Bedrohung durch das Böse. Jedoch verspürt Durand keine Angst vor einem Ausbruch – er ist derart verbittert, dass er einen Ausbruch regelrecht herbeisehnt. Insbesondere da Pater Sato am Rotgipfel einen Ort der inneren Einkehr für die katholischen Gläubigen schaffen will.

Als Suda einen Herzinfarkt erleidet, werden er und der schon seit längerer Zeit kranke Durand Zimmernachbarn im selben Krankenhaus. Die Begegnungen der beiden sind marginal, doch parallel erleben sie die letzten Enttäuschungen, bevor sich das Leben zum Ende neigt. Suda muss feststellen, dass sich seine Frau und sein Sohn von ihm entfremdet haben. Mehr noch: Sie sehen in Suda nur noch eine kranke Person, die durchgefüttert werden muss. Auch die jahrelange wissenschaftliche Arbeit am Rotgipfel erweist sich als eine Farce: Entgegen Sudas Annahme ist der Vulkan nicht dabei, zu erlöschen.

Durand reflektiert über seine Boshaftigkeiten der letzten Jahre. Doch statt sich auf seine alten Tage eines Besseren zu besinnen, führt er die Gläubigen aus Pater Satos Gemeinde vor. Dafür plagt ihn die Angst, nach seinem Tod in der Hölle zu schmoren.

Der katholische Autor Shusaku Endo thematisiert mit „Der Vulkan“ unter anderem die Auslebung des katholischen Glaubens in Japan: Sind die Japaner ohne eine westliche Vorstellung von Sünde denn überhaupt fähig, Reue zu empfinden? Und wozu sollte man beichten, wenn man ohnehin keine Reue fühlt?

Die Moral der Geschichte ist nicht offensichtlich. Doch es scheint fast so, als ob Shusaku Endo doch etwas mit dem Enfant terrible Durant sympathisiert. Durant setzt mit seinem Selbstmord seinem unangepassten Leben ein entsprechendes Ende und wird im Gedächtnis der Leute bleiben. Der brave Suda hingegen, der sich einem Leben der Mittelmäßigkeit verschrieben hatte, wird nach seinem Tod sofort vergessen sein.

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