Labels

Freitag, 28. Oktober 2011

„1Q84“ von Haruki Murakami

Die Fitnesstrainerin Aomame geht einem gefährlichen Zweitjob nach: Sie ist Profi-Killerin und gerade auf dem Weg, einen Mann ins Jenseits zu befördern, als sie unversehens vom Jahr 1984 ins Jahr 1Q84 transportiert wird. Die Welt in dieser anderen Realitätsebene ähnelt der gewohnten sehr stark – doch am Himmel stehen zwei Monde und die illustre Sekte der Vorreiter treibt ihr Unwesen. Aomame wird beauftragt, dem gefährlichen und gut abgeschirmten Sektenführer das Leben zu nehmen.

Der zweite Erzählstrang wird aus der Sicht von Tengo erzählt, der den Auftrag erhält, als Ghostwriter den Erstlingsroman von Fukaeri zu überarbeiten. Fukaeri ist aus der Gemeinschaft der Vorreiter ausgebrochen und schreibt mit „Die Puppe aus Luft“ einen fantastischen Roman über zwergenhafte Gestalten namens „Little People“. Die Veröffentlichung des Romans wird wirtschaftlich zu einem großen Erfolg, doch reagieren die Vorreiter äußerst empfindlich. Sie setzen Ushikawa, einen unangenehmen Privatdetektiv auf Tengo an. Der Verleger der „Puppe aus Luft“ verschwindet spurlos und Fukaeri hält sich versteckt.

Knapp 1.600 Seiten umfassen die drei Bücher von „1Q84“, die in zwei Bänden veröffentlicht sind. Im dritten Buch erhält Ushikawa einen eigenen, dritten Erzählstrang. Ushikawa, der als Figur bereits in Haruki Murakamis Roman „Mister Aufziehvogel“ einen Auftritt hatte, verfolgt Aomame und heftet sich deshalb an Tengos Fersen, da er die äußerst private, romantische Verbindung der beiden aufdeckt.

Gemessen an der hohen Seitenzahl geschieht in „1Q84“ nicht allzu viel. Was in den ersten beiden Büchern nicht viel ausmacht, da jeder Exkurs interessant und typisch Murakami ist. Etwas zäh beginnt jedoch das dritte Buch mit einer Rekapitulation der vergangenen Geschehnisse und den vorerst redundanten Informationen, die Ushikawa in Erfahrung bringt. Zudem besteht das dritte Buch vor allem aus Warten: Tengo wartet am Krankenbett seines komatösen Vaters auf eine Änderung des Zustands des Patienten. Aomame wartet darauf, Tengo endlich wieder zu sehen. Und Ushikawa wartet in seinem Versteck, dass ihm Aomame in die Falle geht. Natürlich gibt es auch genügend spannende Momente, doch insgesamt zieht sich das dritte Buch doch sehr.

Und auch auf die Gefahr hin, für spitzfindig erklärt zu werden: Der sonst so genaue Haruki Murakami, der im dritten Buch sogar so weit geht, die Wirkungsweise eines Schwangerschaftstests zu erklären, begeht den Recherchefehler, die unbefleckte Empfängnis als Schwangerschaft ohne Geschlechtsverkehr zu halten. Unbefleckt ist die Empfängnis nicht aus Keuschheit, sondern weil die werdende Mutter selbst ohne Erbsünde geboren ist.

Leider empfand ich das Ende von „1Q84“ ein bisschen zu lapidar, was trotz der rührenden Liebesgeschichte zwischen Aomame und Tengo ein etwas schales Licht auf das 1.600-seitige Werk wirft. Zudem noch eine kleine Unterstellung: Das Thema rund um die „Little People“ und die Sekte der Vorreiter erinnert doch etwas arg an „Wilde Schafsjagd“. Eine mystische Macht nimmt Besitz von einem Menschen, um eine schlagkräftige Geheimorganisation aufzubauen. Mein Lieblings-Murakami „Kafka am Strand“ wird jedenfalls von „1Q84“ nicht abgelöst...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen