Yoko Tawadas „Nur da, wo du bist, da ist nichts“ enthält eine Erzählung und mehrere Gedichte, sowohl auf Deutsch als auch auf Japanisch. Zugegebenermaßen: Mit den Gedichten kann ich weniger anfangen. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich nach „Schwager in Bordeaux“ eine etwas fröhlichere Stimmung erwartet hatte – und die Gedichte eher morbid wirken.
Umso bezaubernder ist die Erzählung „Bilderrätsel ohne Bilder“ in „Nur da, wo du bist, ist nichts“. Die Protagonistin, eine Japanerin in Deutschland, ist per Bahn unterwegs in ein Städtchen, um sich eine Kinderbuchausstellung dort anzusehen. Dabei schweifen ihre Gedanken oftmals an ihren Ex-Freund K ab.
Bezeichnend ist Yoko Tawadas bildhafte Sprache: Ein junger Mann im Zugabteil beginnt ein einem Taschenbuch zu lesen und „mit seinem Blick die Buchstaben entlang zu lecken“ (S. 21). Oder auch die Beobachtungsgabe: Deutsche versuchen, beim Niesen den Klang des „Hatschi“ nachzuahmen, während es bei den Japanern ein „Hakschon“ ist. Und die Missverständnisse, die sich interkulturell auftun können: Der einstmalige Freund K fragt nach dem Geheimnis der Protagonistin und will wissen, ob zwischen beiden ein Problem besteht. Die Protagonistin dagegen versteht die Frage anders und offenbart ein bisher niemandem mitgeteiltes Geschehnis - und zieht sich damit den Unmut des Freundes zu.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen