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Freitag, 5. Juli 2013

„Der Sohn des Samurai“ von Sessue Hayakawa

Sessue Hayakawas „Der Sohn des Samurai“ hat mich sehr erstaunt. Wer hätte gedacht, dass Sessue Hayakawa der erste japanische Schauspieler war, der zu Weltruhm gelangte. Und wer hätte gedacht, dass eigentlich er die erste Wahl für die Rolle des glutäugigen Liebhabers in „Der Scheich“ gewesen wäre. Würden wir uns nun an ihn, statt an Rudolph Valentino erinnern, wenn es anders gekommen wäre?

Die Autobiographie „Der Sohn des Samurai“ beginnt recht dramatisch: Kurz vor dem Eintritt in eine Marineschule zog sich der junge Sessue Hayakawa einen Trommelfellriss beim Tauchen zu. Da die Verletzung nicht richtig behandelt wurde, wurde er als untauglich für die Ausbildung befunden. Sein Vater, der für seinen Sohn eine Militärkarriere erwünscht hatte, war enttäuscht – und der Sohn versuchte die Schande mit Seppuku auszumerzen. Doch der Selbstmordversuch ging schief. Dutzende Stiche in den Unterleib fügte sich Sessue Hayakawa selbst zu. Das Gekläff seines Hundes alarmierte die Familie und der junge Mann konnte gerettet werden, bevor er verblutete. Doch für den wog der fehlgeschlagene Selbstmordversuch umso schwerer – nun hatte er seinem Vater doppelte Schande gemacht. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, kehrte er nicht in die Familie zurück, sondern verbrachte einige Monate als Zen-Mönch in Abgeschiedenheit. Erst der Unfall eines US-amerikanischen Passagierschiffs holte Sessue Hayakawa in die Gesellschaft zurück, denn seine Englischkenntnisse waren bei der Hilfsaktion besonders wertvoll. Dank der Unterstützung seiner Mutter und entgegen dem Widerstand des Vaters konnte Sessue Hayakawa zum Studieren in die USA gehen.

Nach seinem Studienabschluss begann Sessue Hayakawa mit dem Schauspielern. Zen half ihm dabei, völlig in seinen Rollen aufzugehen. Schließlich verpflichtete ihn der Stummfilmregisseur und Filmpionier Thomas Harper Ince und Sessue Hayakawa wurde zum Star in seinen Rollen als exotischer Liebhaber. Schließlich gründete er sogar seine eigene Filmproduktion und wurde zum Millionär. Sessue Hayakawa schildert anschaulich den damaligen Lebensstil in Hollywood, streift aber nur die Skandale um Roscoe Arbuckle, Wallace Reid und William Desmond Taylor, die unter anderem zur Einführung des Hays Code führten. Selbst Sessue Hayakawa wäre fast im Zentrum eines Mordskandals gestanden. Doch stattdessen kehrte er Hollywood (vorerst) den Rücken zu und verbrachte viele Jahre in Europa und Japan, bevor ihn Humphrey Bogart zurück nach Hollywood holte.

Sessue Hayakawas Autobiographie hat mich einige Zeit auf Wikipedia verbringen lassen, um all die Skandale nachzulesen und mehr über die irre Hollywood-Zeit in den 20er Jahren zu erfahren. Die Karriere des Sessue Hayakawa ist so außergewöhnlich, dass bei der Lektüre von „Der Sohn des Samurai“ nicht nur Filmfans auf ihre Kosten kommen.

Bibliographische Angaben:
Hayakawa, Sessue: „Der Sohn des Samurai“ (Übersetzung aus dem Amerikanischen: Alastair), Deutsche Buchgemeinschaft, Berlin/Darmstadt/Wien 1965

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