Bei „Schwarze Flut“ von Yasushi Inoue empfiehlt es sich ausnahmsweise, das Nachwort zuerst zu lesen. Denn ohne die historischen Hintergründe der Shimoyama-, Mitaka- und Teigin-Fälle tut man sich unnötig schwer beim Einstieg in dieses Buch. Auch wird man direkt mit der Nase auf die Erzählstruktur des Romans gestoßen: Denn die Shimoyama-Affäre bildet nur den Rahmen, oder wie Otto Putz im Nachwort meint, das Echo des Schicksals des Protagonisten Hayami.
Hayami ist federführender Redakteur bei der großen Tageszeitung K und verantwortlich für die Berichterstattung über den Tod des Eisenbahnchefs Shimoyama: „Ist es Mord oder Selbstmord?“ ist die große Frage. Die Tageszeitung K übernimmt die Theorie des Selbstmords, während alle anderen Zeitungen die Mordtheorie verfolgen. Damit isoliert sich Hayamis Zeitung und macht sich unglaubwürdig bis hin zur Geschäftsschädigung.
Durch die Konfrontation mit diesem Fall reißen in Hayami alte Wunden auf. Denn vor Jahren beging Hayamis junge Ehefrau Harumi mit ihrem Liebhaber Doppelselbstmord. Seitdem ist Hayami ein „Verlorener“, vom Schicksal aus der Bahn geworfen, von einer schwarzen Flut übermannt. Während er den Shimoyama-Selbstmord anhand von Fakten untersuchen kann, bleiben ihm für den Selbstmord seiner Ehefrau nur Vermutungen.
Für Leser, die sich nicht für japanische Geschichte interessieren, ist der Teil rund um den Tod von Shimoyama eher etwas fade. Die Ermittlungen ziehen sich hin und die Todesursache bleibt bis heute ungeklärt. Viel eindringlicher ist Hayamis Martyrium nach dem Selbstmord seiner Ehefrau Harumi. Man möchte ihm wünschen, sich in Keiko, die Tochter seines ehemaligen Lehrers zu verlieben. Doch die Macht der toten Harumi scheint ungebrochen.
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