Ein Besuch im Foltermuseum, Erdbeertörtchen am Todestag des 6-jährigen Sohnes, Karotten in der Form einer menschlichen Hand, ein nach außen gewachsenes Herz, im ehemaligen Postamt versteckte Kiwis, eine paranoide Schriftstellerin und ein erfolgloser Wachstumskorsetthändler sind einige der Zutaten von Yoko Ogawas neuestem Buch „Das Ende des Bengalischen Tigers“. Es besteht aus 11 Geschichten, die nicht miteinander verwebt, aber zumindest mit einem dünnen Bindfaden verknüpft sind. Sei es mit einer kleinen Absurdität, die in einer der folgenden Geschichten aufgeklärt wird. Oder sogar – mit dickem Garn verbunden – dem Wiederauftauchen einer schon bekannten Figur.
Wie bei den anderen Werken von Yoko Ogawa verschwimmt auch in „Das Ende des Bengalischen Tigers“ die Grenze zwischen Realität und Fantasie. Ebenso ist jede Geschichte mit einem zumindest kleinen Schaudereffekt verbunden. Denn es geht unter anderem um Tod, physische Deformationen, Folter und gar Mord.
Normalerweise kann ich mich schwer für Erzählungen und Kurzgeschichten begeistern. Doch Yoko Ogawa gelingt es immer wieder exzellent mit nur wenigen Worten einer Situation die nötige Plastizität zu Verleihen, damit der Leser voll ins Geschehen eintauchen und die Motivationen der Figuren nachvollziehen kann.
Ich kann mich nur wiederholen: Yoko Ogawa macht süchtig! Leider ist die Autorin hierzulande immer noch relativ unbekannt, obwohl ich sie gerne in die Liga eines Haruki Murakamis oder einer Banana Yoshimoto eingeordnet sehen würde.
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