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Sonntag, 9. September 2012

„Die Banshu-Ebene“ von Yuriko Miyamoto

Der Band „Die Banshu-Ebene“ von Yuriko Miyamoto enthält neben der gleichnamigen autobiographischen Erzählung noch zwei weitere namens „Die Brust“ und „Fuchiso“.

„Die Brust“ aus dem Jahr 1935 war eines der letzen Werke der proletarischen Literaturbewegung, das noch veröffentlicht werden konnte. Wie Jürgen Berndt im Vorwort bereits beschreibt, wirkt diese Erzählung noch etwas ungeschliffen. Sie handelt von der jungen Hiroko, deren Ehemann Jukichi als politischer Gefangener einsitzt. Auch Hiroko betätigt sich für die Belange der Arbeiter. Sie arbeitet in einem Kindergarten der „Arbeiter-und-Bauern-Hilfe“ und setzt sich für Gewerkschaftler ein. Im Kindergarten taucht hin und wieder der zwielichtige Usui auf – hat Hiroko den richtigen Riecher, dass dieser Kerl nicht hinter der linken Bewegung steht?

In „Die Banshu-Ebene“ begegnen wir Hiroko wieder. Die Jahre sind ins Land gegangen und Hiroko, deren Ehemann noch immer inhaftiert ist, erlebt in der Evakuierung die Kapitulation Japans am 15. August 1945. In Rückblenden erfährt der Leser, wie es ihr und ihrem Ehemann zwischenzeitlich ergangen ist. Als sie Post von ihrer Schwiegermutter erhält, dass Hirokos Schwager als vermisst gilt, schlägt sich Hiroko in die Heimat ihres Ehemanns durch, um der alten Schwiegermutter beizustehen. Sie ist rechtzeitig zur Stelle, als eine Überschwemmung das Haus der Schwiegermutter heimsucht. Als sie erfährt, dass am 10. Oktober 1945 die politischen Häftlinge entlassen werden, hält Hiroko nichts mehr: Sie muss nach Tokio, denn sie ist sich sicher, dass ihr Jukichi sie dort suchen wird. Aufgrund von Überschwemmungen und Kriegsschäden sind die Bahnstrecken kaum befahrbar. Doch irgendwie muss es Hiroko nach Tokio schaffen – immerhin war ihr Ehemann zwölf lange Jahr inhaftiert und nun ist das lang ersehnte Wiedersehen in Freiheit zum Greifen nahe.

„Fuchiso“ setzt ein, als es Jukichi endlich geschafft hat, Hiroko in Tokio aufzuspüren. Zuerst scheint es, als ob die beiden endlich ein harmonisches Eheleben führen könnten. Doch Hiroko ist über die lange und harte Zeit des Alleinlebens zu einer starken Frau geworden, was Jukichi missfällt. Er wirft ihr vor; wie die Protagonistin einer Erzählung Akutagawas zu wirken, wie eine eigensinnige und starrköpfige Witwe. Jukichi wiederum ist zart besaitet und verträgt Hirokos Scherze über seine Qualität als Ehemann nicht. Trotzdem können sich beide wieder zusammenraufen, während Jukichi sich für die Zeitschrift Akahata und den Aufbau der Kommunistischen Partei engagiert.

Yuriko Miyamoto gibt mit ihren Erzählungen einen intensiven, höchst interessanten und manchmal schockierenden Einblick in das Leben der politischen Gefangenen und deren Angehörigen während der Gültigkeit des berüchtigten Gesetzes zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens, das Verhaftungen Andersdenkender legitimierte. Yuriko Miyamoto hatte die unmenschlichen Haftbedingungen am eigenen Leib erlebt und einen lebensgefährlichen Hitzschlag erlitten, dessen Folgen ihre Gesundheit fortan beeinträchtigten. Dennoch sprechen aus ihren Erzählungen die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Jukichi und eine enorme Standhaftigkeit:

„Wenn jemand in den Krieg geschickt wird und über seinen Verstümmelungen sogar das Vertrauen zur Liebe verliert, so ist das schlimmer, als in kleine Stücke zerschnitten zu werden. Standhaft sein! Tapfer sein!“ (S. 125 f.)
Bibliographische Angaben:
Miyamoto, Yuriko: „Die Banshu-Ebene“, Aufbau, Berlin 1960

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