Labels

Montag, 16. Juli 2012

„Mutter wo bist du“ von Soh Aono

Soh Aono, dessen leibliche Mutter gestorben ist, als er zwei Jahre alt war, spürt ihr in „Mutter wo bist du“ nach. Der Autor, der seine Mutter in der Frau sah, die ihn aufzog und an die er im Gegensatz zu seiner leiblichen Mutter Erinnerungen hat, nutzt seine älteren Geschwister, um an mehr Informationen über seine Mutter zu kommen: Wie hat die Mutter ausgesehen? Wie hat die Stimme der Mutter wohl geklungen – so wie die seiner älteren Schwester? Was lässt sich aus ihren Briefen herauslesen? Und es quälen ihn die Gewissensbisse: Hat die Mutter die Geburt des letzten Sohnes gar so ausgemergelt, dass sie nach Kriegsende sterben musste?

Die Suche nach der Mutter reflektiert sich in der Gegenwart: So untersucht er seine eigene Vaterrolle und die der Mutter seines zweijährigen Sohnes. Auch der Ich-Erzähler führt genauso wie dessen Vater eine recht eigentümliche Beziehung. Während der Vater des Protagonisten zwei Frauen hatte und nur wenig Zeit mit der Mutter des Erzählers verbringen konnte, verbringt auch dieser nur wenig Zeit mit der Mutter seines Kindes und seinem Sohn.

„Mutter wo bist du“ ist ein äußerst ruhiger Roman, der ohne Höhepunkte dahin fließt. In gemächlichem Tempo gibt der Autor Einblick in seine Familiengeschichte und sein Beziehungsleben, das recht unkonventionell wirkt. Als der Ich-Erzähler glaubt, von einem Geist besucht worden zu sein, erinnert man sich ein kleines bisschen an Banana Yoshimoto.

„Mutter wo bist du“ ist ein außergewöhnliches Gewirk aus Vergangenheit und Gegenwart, doch führen die Spiegelungen in der Gegenwart auch eine gewisse Zähigkeit mit sich, was leider langweilig wirken kann.

Bibliographische Angaben:
Aono, Soh: „Mutter wo bist du“, Bebra, Berlin 2009, ISBN 978-3-86124-906-1

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen