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Samstag, 7. Juli 2012

„Geständnis einer Maske“ von Yukio Mishima

Der Protagonist in Yukio Mishimas „Geständnis einer Maske“ entblößt vor dem Leser sein wahres Gesicht. Er beginnt sein Geständnis mit Erinnerungen an seine Kindheit. Mit Argwohn betrachtet er in einem illustrieren Buch die als Ritter gekleidete Jeanne d’Arc, doch er selbst hat ein Faible dafür, sich als wie eine Frau zu kleiden. Als er eine Abbildung des Heiligen Sebastians während dessen Märtyrertods zu Gesicht bekommt, ist dies für ihn eine sexuelle Offenbarung. Er fühlt sich von dem leidenden Adonis angezogen und hat fortan Phantasien von blutenden, jungen Männern, die so weit gehen, dass er sich gar vorstellt, wie er sie selbst mit einem Messer abschlachtet und die sterbenden Lippen küsst.

Es ist ihm bewusst, dass er anders ist als seine gleichaltrigen Geschlechtsgenossen und verbirgt sich hinter einer Maske der Normalität. Auch als er sich in einen Mitschüler verliebt, kann er dies erfolgreich verbergen. Mit 20 Jahren versucht er verkrampft, sich in Sonoko, die Schwester eines Freundes zu verlieben. Doch während Sonoko sich in ihn verliebt, fühlt er sich nur wohl in ihrer Gegenwart – sexuell lässt sie ihn völlig kalt. Als die junge Frau einen Heiratsantrag von ihm erwartet, macht er einen Rückzieher. Und selbst bei Prostituierten versagt sein bestes Stück. So muss er von dem Kumpan, mit dem er seinen Ausflug ins Rotlichtviertel begonnen hatte, fürchten, als impotent geoutet zu werden.

„Geständnis einer Maske“ liest sich auf zweierlei Weise etwas schwer: Der Protagonist neigt zur ständigen Reflektion, die passagenweise ziemlich gestelzt wirkt. Und trotzdem bleibt er für den Leser – oder zumindest für mich – recht unzugänglich. Das Leid des Außenseiters oder seine Suche nach Erfüllung wird nicht plastisch, sondern überintellektualisiert. Dazu kommen die verstörenden, homosexuellen Gewalt-Phantasien, die über Sadomasochismus weit hinausgehen und bluttriefend den Tod des Objekts der Begierde heraufbeschwören. Daher kann man als Leser nur hoffen, dass der Protagonist nie sexuelle Erfüllung finden mag, wenn diese nur durch Mord realisiert werden kann.

Ein bisschen glaubt man, den Autor, der seinen Körper mit Bodybuilding stählte und einen besonders blutigen Selbstmord wählte, ein bisschen besser nach der Lektüre von „Geständnis einer Maske“ verstehen zu können. Zart besaitete Leser sollten jedoch lieber die Finger von dem autobiographisch geprägten Roman lassen.

Bibliographische Angaben:
Mishima, Yukio: „Geständnis einer Maske“, Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-499-15652-0

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