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Sonntag, 1. Januar 2012

„Das nackte Auge“ von Yoko Tawada

Die jugendliche Vietnamesin und Ich-Erzählerin wird als vietnamesische Abordnung zu einem Kongress in die DDR geschickt. In Ost-Berlin trifft sie auf den aus Bochum stammenden Jörg, der ihr penetrant von der westlichen Freiheit erzählt und sie schließlich nach West-Deutschland entführt. Den unfreiwilligen Westaufenthalt will sie beenden und die Bahn nach Moskau nehmen, um von dort aus nach Vietnam zurück zu kehren. Doch der Zug führt in die entgegengesetzte Richtung und die Protagonistin findet sich in Paris wieder. Ohne Geld und ohne Visum schlägt sie sich durch: Sie lebt bei der Prostituierten Marie, findet Unterschlupf bei einer Landsfrau, anschließend bei einem Landsmann, um schließlich doch wieder bei Marie im Keller zu leben.

„Das nackte Auge“ von Yoko Tawada behandelt das Thema des Fremd-Seins: Ohne einen sprachlichen Zugang zu ihrer Umwelt, kann sich die Protagonistin nur auf ihr Auge verlassen. Deswegen sucht sie im Kino ihre Geborgenheit. Insbesondere die Filme einer gewissen französischen Schauspielerin haben es ihr angetan. So vermischen sich die Erlebnisebenen: Traum, Wirklichkeit und Film ergeben ein psychedelisches, literarisches Potpourri, das fernab einer dramatischen Schilderung des Lebens als Illegale angesiedelt ist.

Die 13 Kapitel von "Das nackte Auge" tragen als Überschriften die Titel der Filme der französischen Schauspielerin und führen so unter anderem nach Indochina, in die Prostitution, in die Vampirwelt und in die UdSSR. Die Protagonistin unterhält sich in einem inneren Monolog mit der Schauspielerin, ohne (zunächst) auf Antwort hoffen zu können

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