Labels

Freitag, 20. Januar 2012

„Spiegelhölle“ von Edogawa Rampo

Der Band „Spiegelhölle“ von Edogawa Rampo enthält insgesamt acht Erzählungen des japanischen Krimiautors – teilweise Kriminalgeschichten, aber auch recht bizarre Erzählungen.

„Zwei Versehrte“ treffen sich in einem Kurort und erzählen sich ihre Lebens- und Leidensgeschichte. Saito ist vom Krieg entstellt und berichtet von seinen Erlebnissen an der Front. Iharas Geschichte ist die eines Mordes. Doch wird Iharas Deutung der Geschehnisse durch Saito in Frage gestellt.

Die „Zwillinge“ könnten nicht unterschiedlicher sein: Ein ernsthafter Erstgeborener (wenn auch nur um wenige Sekunden) und ein verschwenderischer Zweitgeborener. Als der Jüngere sein Erbe verprasst hat, schmiedet er einen teuflischen Plan, um den Platz seines Bruders einzunehmen.

In „Der psychologische Test“ hat Kogoro Akechi, Japans Sherlock Holmes, einen Auftritt. Ihm obliegt die Deutung eines Tests, der einen von zwei Studenten des Mordes überführen soll.

„Das rote Zimmer“ ist ein Ort, an dem sich gelangweilte Männer treffen und sich gegenseitig mit obskuren Geschichten unterhalten. Ein Neuzugang in der illustren Runde schockiert die Herren: Er habe schon fast hundert Menschen getötet ohne nur ein einziges Mal des Mordes bezichtigt zu werden. Seine Methoden sind raffiniert…

Bizarr ist die Geschichte „Der Sesselmann“. Ein Sesselmacher gibt sich einer ganz besonderen Obsession hin: Er fertigt einen Sessel, in dessen Inneres er hineinkriechen kann und so – nur getrennt durch die Lederbespannung – auf Tuchfühlung mit den Personen geht, die auf dem Sessel Platz nehmen.

Auch der tragische Held der „Spiegelhölle“ hängt einer Besessenheit nach: Er ist fasziniert von Spiegeleffekten und Linsen. Was zunächst als harmlose Spielerei in Form von Zaubertricks beginnt, endet im Wahn.

„Die Raupe“ ist eine Erzählung, die Gänsehaut und Beklemmungen verursacht: Tokiko pflegt seit drei Jahren ihren Ehemann, der im Krieg mehrfache Verletzungen erlitten hat. Arme und Beine mussten amputiert werden. Von den Gliedmaßen sind nur noch kleine Stummel vorhanden. Zudem ist er taub und kann sich nicht mehr artikulieren. Während Tokiko nach außen hin wie die aufopferungsvolle Ehefrau wirkt, hegt sie ihrem Mann gegenüber mehr und mehr sadistische Gefühle und liebt es, ihn zu quälen. Neben der geradezu entsetzlichen Situation des verkrüppelten Soldaten wird in „Die Raupe“ zudem geschildert, wie wenig der „Soldatenruhm“ von Bestand ist. Aufgrund dieser kritischen Handlung war „Die Raupe“ während des zweiten Weltkriegs in Japan verboten.

„Auf der Klippe“ sitzt ein Ehepaar und spricht sich aus: Die Ehefrau erzählt von dem niederträchtigen Spiel ihres Ex-Ehemannes, der versucht hatte, durch Mord an ihr Vermögen zu kommen. Doch wie verhält es sich in dieser Intrige mit der Rolle ihres neuen Partners?

Während Edogawa Rampos Kriminalgesichten in „Spiegelhölle“ alle um anscheinend perfekte Morde kreisen und harmlose Unterhaltung sind, fesseln die bizarren Erzählungen „Spiegelhölle“, „Der Sesselmann“ und insbesondere „Die Raupe“ viel mehr. Letztere hallt geradezu nach und verursacht selbst nach der Lektüre noch beklemmende Gänsehaut.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen