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Dienstag, 9. April 2024

„Idol in Flammen“ von Rin Usami

Was bin ich froh, dass ich kein Teenager mehr bin. Eigentlich wünscht man sich ja gern zurück in die „gute, alte Zeit“, aber nach der Lektüre von Rin Usamis „Idol in Flammen“ wird einem wieder bewusst, wie sehr man die Zeit doch verklärt. Wahrscheinlich findet sich jeder ein bisschen in Rin Usamis Protagonistin Akari wider. Schule ist doof, Eltern sind doof, der eigene Körper ist doof und so richtig wohl fühlt man sich nur in einer Gruppe Gleichgesinnter.

Akari ist Fan der J-Pop-Band „Mazamaza“ und insbesondere von dem Sänger Masaki. Masaki wird zu Akaris Rückgrat. Sie bloggt über ihn, schuftet in einer Kneipe, um sich Merchandising-Kram und Konzerttickets leisten zu können, richtet ihr Zimmer in blau ein, weil Blau Masakis Lieblingsfarbe ist. 

Akari erfreut allein die abgöttische Schwärmerei – eine echte Beziehung mit Masaki braucht sie nicht. Sie flüchtet vor der Realität und bezahlt dafür nicht nur mit dem Lohn, den sie durch ihren Nebenjob verdient.

Rin Usamis Erzählstil ist reduziert. Auch wenn sich Akari der Schwärmerei hingibt, wird die Sprache nicht blumig. Gute 120 Seiten zählt der Kurzroman, dessen Lektüre sicherlich keinen Spaß macht. Der Schwermut Akaris springt auf den Leser über. Und irgendwie macht „Idol in Flammen“ auch wütend. Den jugendlichen Fans wird mit abstrusen Produkten und Wahlaktionen, wer das beliebteste Bandmitglied ist, das Geld aus der Tasche gezogen. Die Band ist ein Produkt, das bis zum Exzess konsumiert werden soll. Akari ist wie ein Junkie süchtig nach dem Produkt – und die Erwachsenen stehen hilflos daneben und wissen der Süchtigen nicht zu helfen.

Verstärkt wird die Sucht noch durch Social Media. Lifestreams suggerieren Zugänglichkeit, Shitstorms fordern die Fans in ihrer Treue heraus. Teenager-Sein war früher wahrscheinlich doch ein bisschen einfacher…

Bibliographische Angaben:
Usami, Rin: „Idol in Flammen“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Steggewentz, Luise), Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023, 978-3462003024

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