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Montag, 30. März 2015

„Das Band der Kamelie“ von Tadashi Karato

Wie gelangte eine japanische Kamelie Ende des 18. Jahrhunderts in die Gärten des Pillnitzer Schlosses? Dieser Frage geht Tadashi Karato mit seiner Novelle „Das Band der Kamelie“ nach, die auf wahren Begebenheiten beruht.

Der Leser begleitet den schwedischen Arzt und Botaniker Carl Peter Thunberg auf dem großen Abenteuer seines Lebens: Er wird von seinem Mentor Carl von Linné in die große Welt entsandt, um auf Expeditionen botanisches Material zu sammeln und zu erkunden. Zunächst soll seine Reise jedoch nur über Amsterdam nach Paris gehen. Doch schon bald wird klar: Thunberg wird nach Südafrika gehen und über Batavia nach Japan reisen. Seine Angebetete Birgitta ist über diese Wendung weniger glücklich.

In Japan verbringt Thunberg langweilige Tage auf der isolierten Insel Dejima. Der befreundete Professor Burman hat Thunberg einen Brief mitgegeben, der erst in Japan geöffnet werden soll. Zu Thunbergs Überraschung enthält das Schreiben die große Bitte Burmans, für vier europäische Adelshäuser Kamelien nach Europa schicken zu lassen. Insbesondere für die Bemalung von Porzellan ist die originale Pflanze als Motivvorlage sehr wertvoll. Als sich Thunberg in einer Baumschule nach geeigneten Kamelien umsieht, begegnet ihm die Gärtnertochter Hana, die für ihn die Schönheit der Kamelienblüte verkörpert.

An sich sind die Zutaten von Tadashi Karatos „Das Band der Kamelie“ sehr vielversprechend. Doch leider scheint es, als ob der Autor eher Geschichte festschreiben will, als Geschichten zu erzählen. Und so verliert er sich in diversen historischen Details wie z.B. den ersten erfolgreichen Versuchen der Porzellanherstellung in Europa und der Belagerung Wiens durch die Türken, als dass er Charaktere mit Emotionen zeichnet. So bleibt dem Leser der Protagonist Thunberg fremd. Seine innere Zerrissenheit zwischen Birgitta und Hana wird beispielsweise glatt gar nicht angesprochen. Auf Hana wird ohnehin so gut wie gar nicht eingegangen. Und dabei muss sie mit dem großen Stigma gelebt haben, sich mit einem Gaijin eingelassen zu haben. Die Handlung wird primär faktengetrieben vorangebracht und so kann die Novelle kaum mitreißen.

Auch hätte der Königshausen & Neumann-Verlag sicherlich auch ein Gutes daran getan, die Übersetzung intensiv zu lektorieren. Von fehlenden Anführungszeichen ganz zu Schweigen, erfolgen unverständliche Tempussprünge und manche Sätze wirken wie eine erste Grobübersetzung. Warum schreibt man z.B.

„Ich fand bewundernd, welche Güte sie ausstrahlte“ (S. 21)

statt „Ich bewunderte die Güte, die sie ausstrahlte“. Oder in einem anderen Fall steht dies geschrieben:

„Seine Rede war lang, aber Thunberg konnte raison d’être (die wichtige Funktion und Rolle des Gouvernements) von Kapstadt gut verstehen.“ (S. 82)

Wenn man seinen Lesern nicht zutraut, den Begriff „raison d’être“ zu verstehen – warum verwendet man ihn denn dann und setzt eine Erläuterung in Klammern dazu? Weil ein französischer Begriff gar so schick ist?

Nach der Lektüre kann man auch über den Klappentext, der da heißt

„Thunberg jedoch hatte einen geheimen Auftrag von Johannes Burman, seinem Professor aus Amsterdam zu erfüllen: nämlich vier Kamelien nach Europa zu bringen. Besonders der japanische Großmeister im Dolmetschen, Kosaku Yoshio, half ihm, diese Mission zu erfüllen.“

nur schmunzeln. Denn was tut Thunberg? [Achtung: Spoilergefahr – zumindest für die Leser, die sich nun noch ein kleines bisschen Spannung von „Das Band der Kamelie“ erwarten.] Er geht halt mal eben in eine Baumschule und kauft vier Kamelien. Punkt.

Vielleicht ist „Das Band der Kamelie“ für das japanische Publikum interessanter, weil durch die zahlreichen Exkurse viele Daten aus der europäischen Geschichte mit eingeflochten werden. Mich hat das Werk aber leider kaum begeistert.

Wer aber nun Lust hat, einen Blick auf Thunbergs Kamelie zu werfen, die nach über zwei Jahrhunderten immer noch im Pillnitzer Schlossgarten steht, der möge diesem Link folgen.

Bibliographische Angaben:
Karato, Tadashi: „Das Band der Kamelie“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Broswitz, Ellen), Königshausen & Neumann, Würzburg 2015, ISBN 978-3-8260-5695-6

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