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Freitag, 24. Januar 2014

„Der Graben“ von Koji Suzuki

Wenn man die aktuellen Bewertungen auf Amazon ansieht, dann kommt Koji Suzuki derzeit bei fünf Bewertungen auf einen Stern von fünf möglichen. Die Überschriften der Kommentare lauten „Bis zur Hälfte ok und dann einfach nur schlecht“, „Meister der Langeweile“, „[Das] Langweiligste Buch der letzten Jahre“, „Wenn kein Stern ginge, dann gäbe es hier keinen“ und „Gähnende Langeweile“. Schlimmer geht’s eigentlich nimmer.

So entsetzlich empfand ich Koji Suzukis „Der Graben“ dann aber doch nicht. Fakt ist allerdings leider, dass der Verlag mit seiner Covergestaltung und -beschriftung völlig falsche Erwartungen schürt. Da wird die Times zitiert, die von eiskaltem Horror und dem Meister des Schreckens spricht oder der Las Vegas Mercury, der Koji Suzuki mit Stephen King vergleicht. Im Klappentext wird von einem unfassbaren Alptraum und einem Crescendo des Grauens gesprochen. Dann ist die Coverline „Der Graben“ auch noch blutbesudelt, um rohe Gewalt und schiere Blutgier zu illustrieren. Von all dem findet man leider kaum etwas bis gar nichts in Koji Suzukis „Der Graben“. Dem Heyne Verlag gelingt eine komplette Themaverfehlung in der bildlichen und textlichen Gestaltung des Covers. Kein Wunder also, wenn die Käufer enttäuscht sind. Wäre der Roman nicht so heischerisch angepriesen worden, sondern als Science Fiction mit viel mathematisch-naturwissenschaftlichem Hintergrund angekündigt worden, wäre „Der Graben“ die Häme auf Amazon vielleicht erspart worden. Ein Thriller ist „Der Graben“ definitiv nicht.

Um was geht es? Seltsame Dinge geschehen auf der Welt und im Weltraum. Sterne lösen sich auf, der Wert von Pi ändert sich und Menschen verschwinden plötzlich spurlos. Saeko, Mitte 30, übernimmt die Recherchen für ein Magazin, um Licht ins Dunkel eines Vermisstenfalls zu bringen. Saeko, die selbst noch immer unter dem Verschwinden ihres eigenen Vaters vor Jahren leidet, bürdet sich damit eine psychische Belastung auf, da alte Wunden aufgerissen werden. Doch sie ist nicht allein, sondern wird von einem Fernsehregisseur und einem Privatdetektiv unterstützt. Die mysteriöse Serie von Vermisstenfällen gipfelt darin, dass sich ganze Reisegruppen in Luft auflösen. Saeko und ihre Getreuen bemerken, dass die Menschen besonders an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten verschwinden und glauben, ein Muster zu erkennen. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.

Wer keine Lust auf die vielen Hintergrundinformationen aus Mathematik, Physik und Evolutionsgeschichte hat, den wird „Der Graben“ sicherlich entsetzlich langweilen. Hinzu kommt, dass man mit der Figur der Saeko irgendwie nicht recht warm wird. Leider baut Koji Suzuki zum Ende hin noch eine solch unglaublich dämliche Wendung ein, wie Saeko das Verschwinden ihres Vaters aufklärt, dass man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Bis zu diesem Zeitpunkt kann man dem Roman ja wenigstens noch wissenschaftlichen Anspruch zu Gute halten, aber als dann plötzlich die Mystik ins Spiel kommt, wird das Ende des Romans vergeigt. Ich habe sicherlich schon schlechtere Bücher als Koji Suzukis „Der Graben“ gelesen (worunter unter anderem „The Ring II – Spiral“ desselben Autors fällt). Sicherlich werden Science Fiction-Fans, die großen Wert auf Science legen, dem Buch mehr Wertschätzung entgegen bringen als die Amazon-Rezensenten, die zu Recht ihrer Enttäuschung Luft machen, hält der Roman doch keines der Versprechen, die auf dem Cover und dem Klappentext kundgetan werden.

Bibliographische Angaben:
Suzuki, Koji: „Der Graben“ (Übersetzung aus dem Amerikanisch-Englischen: Marburger, Katrin), Heyne, München 2014, ISBN 978-3-453-43744-9

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