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Samstag, 22. Juni 2013

„Die Todesmale des Engels“ von Yukio Mishima

Mit dem letzten Teil „Die Todesmale des Engels“ beendet Yukio Mishima nicht nur seine Tetralogie „Das Meer der Fruchtbarkeit“ (nach „Schnee im Frühling“, „Unter dem Sturmgott“ und „Der Tempel der Morgendämmerung“). Das Werk war zugleich sein letztes, bevor er wie Isao einen absurden Aufstand anzettelte und dann Seppuku beging.

Der Titel die „Todesmale des Engels“ rekurriert auf den buddhistischen Glauben: Auch hier gibt es Engel, die zum Sterben verurteilt sind, wenn gewisse Male an ihnen auftreten.

Honda ist inzwischen über 70 und fragt sich, wann auch seine Lebenszeit abgelaufen sein mag. Seine Ehefrau Rie ist zwischenzeitlich gestorben und er verbringt freundschaftliche Zeit mit seiner ehemaligen Nachbarin Keiko. Bei einem gemeinsamen Ausflug mit Keiko lernen die beiden den sechzehnjährigen Toru kennen, der auf einer Signalstation am Meer arbeitet. Der junge Mann, der den interessierten Alten eine kleine Aussicht aus der Station gewährt, trägt dabei nur ein Unterhemd. Dadurch kann Honda einen Blick auf Torus Oberkörper werfen – und entdeckt die Leberflecke, die bereits Kiyoaki, Isao und Ying Chan trugen. Honda stellt daraufhin Nachforschungen an und beschließt, den Waisen Toru zu adoptieren, insbesondere da er selbst kinderlos geblieben ist. Doch insgeheim erkennt Honda auch einen bösen Charakterzug in Toru, in dem der Teenager ihm selbst gleicht.

Für den mittellosen Toru ist die Adoption eine große Chance für den gesellschaftlichen Aufstieg. Honda nimmt Toru nach Tokio und lässt ihm eine gute Ausbildung angedeihen. Doch Honda liegt auf der Lauer – weder Kioyaki, Isao noch Ying Chan wurden 21 Jahre alt. Wenn Toru deren Wiedergeburt ist, dann hat er nicht mehr lange zu leben. Daher erträgt Honda auch die Gemeinheiten des boshaften Toru. Als es mit Hondas Gesundheit langsam bergab geht, macht er sich auf den Weg, um ein Wiedersehen mit Satoko, Kiyoakis einstiger großer Liebe und nun Priesterin, zu arrangieren.

Nach dem unsäglichen „Der Tempel der Morgendämmerung“ ist „Die Todesmale des Engels“ Gott sei Dank wieder interessanter, ja gar spannend. Die Geschehnisse werden auch aus Torus Sichtweise geschildert, was einen Einblick in seine verwirrte Seele erlaubt. Das Ende ist ungewöhnlich und passt dennoch hervorragend zu Hondas spirituellem Interesse, das sich durch die Tetralogie zieht.

Ein bisschen übertrieben fand ich dagegen den Einsatz der Marke Coca Cola, die Mishima immer wieder als Symbol für das modernisierte Japan verwendet und überstrapaziert. Mit der Zeit liegt man als Leser fast schon auf der Lauer und grinst in sich hinein, wenn wieder von Coca Cola-Reklame und Coca Cola-Dosen die Rede ist.

Bibliographische Angaben:
Mishima, Yukio: „Die Todesmale des Engels“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Schaarschmidt, Siegfried), Hanser, München/Wien 1988, ISBN 3-446-14615-6

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