Labels

Samstag, 2. April 2022

"Butter" von Asako Yuzuki

Die Lektüre von Asako Yuzukis "Butter" ist denkbar ungeeignet, um sich parallel um die Bikinifigur 2022 zu bemühen. Denn der Titel ist Programm: Es geht um Butter - um Butterknappheit, Butterherstellung und vor allem: viele, viele Gerichte mit der Zutat Butter, in Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Mörderin. Wer kann bei solch Schilderungen ernsthaft ans Abnehmen denken:

"Die geschlagene Butter schmolz in goldfarbenen trägen Kaskaden in das Gittermuster der gebräunten Waffel, bis die einzelnen Kästchen bis zum Rand gefüllt waren." (S. 230)


Butter ist die Lieblingszutat von Manako. Sie sitzt wegen Mordes an drei Verehrern gerade im Gefängnis ein und ist alles andere als eine Kostverächterin. Die Journalistin Rika wittert perfektes Futter für einen Artikel, sollte es ihr gelingen, Manako für ein Interview zu gewinnen. Dieses Unterfangen soll kein Leichtes werden, denn Manako hat ihre Bedingungen. Reiko wird wie bei einer Schnitzeljagd diverse kulinarische und körperliche Aufgaben erledigen müssen, in deren Zuge sie dank der kalorienhaltigen Butter zunimmt. Das erfreut wiederum ihren Freund und Kollegen gar nicht. Denn Übergewichtigkeit wird nicht nur von ihm mit Disziplinlosigkeit und Unattrakivität assoziiert.

Rika und ihre beste Freundin Reiko geraten immer weiter in die Fänge von Manako, die sich einerseits nicht allzu viele Gedanken über gesellschaftliche Konventionen zu machen scheint und daher auf gewisse Weise beneidenswert ist. Andererseits scheint der Freigeist aber auch sehr heimtückische Absichten zu hegen.

Langsam wie ein Schmorgericht brodelt "Butter" dem Höhepunkt entgegen. Gegen Ende hin wirkt "Butter" glatt ein bisschen wie ein Werk von Banana Yoshimoto, als es mehr um Gemeinschaft und Freundschaft geht. Die Zutaten neben Butter und Mord sind auch Themen wie Vereinsamung, die Fragen, ob Familiengründung oder die Traumfigur glücklich machen.

Aus deutscher Perspektive ist der Schlankheitswahn geradezu hanebüchen: Rika fühlt sich mit 1,66 Metern Größe und 55 kg Gewicht tatsächlich fett. Und der Einwurf ihrer Freundin, dass sie mit dieser Körpergröße gern auch 60 kg wiegen dürfte, entspricht nicht der gesellschaftlichen Erwartungshaltung, dass Frauen gefälligst Size Zero haben sollen.

Was natürlich noch ein herrlicher Abschluss mit Augenzwinkern gewesen wäre: das sagenhafte Rezept des Boeuf Bourguignons, dem in "Butter" eine besondere Bedeutung zukommt. Das hätte ich mir zum Abschluss der Lektüre doch sehr gerne nachgekocht. :-)

Bibliographische Angaben:
Yuzuki, Asako: "Butter" (Übersetzung aus dem Japanischen: Gräfe, Ursula), Blumenbar, Berlin 2022, ISBN 978-3-351-05098-6

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen