Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschließt der 60-jährige
Familienpatriarch Yosuke Kuki, daß er zum Ende seines Lebens nochmals
Vater werden möchte. Doch nicht, um sich an dem jungen Leben zu
erfreuen, sondern um der Welt nach seinem Ableben ein Geschwür in Form
von missratenem Nachwuchs zu hinterlassen. Dementsprechend hart werden
die Erziehungsmethoden angewandt und der zweite Weltkrieg tut ein
Übriges, um die Brut völlig zum Pychopathen zu transformieren. Das
Geschwür soll und wird Böses in die Welt setzen.
Fuminori Nakamuras "Die Maske" setzt aber später ein, als der elfjährige
Fumihiro Kuki vor seinen furchteinflössenden Vater zitiert wird. Dieser
eröffnet dem Jungen, dass er nur gezeugt wurde, um die
Familientradition der Geschwüre fortzuführen. Der Vater hat sich einen
perfiden Plan ausgedacht, um in Fumihiros Herz das Teuflische zu pflanzen: Er
adoptiert die junge, bezaubernde Kaori und lässt die beiden
Gleichaltrigen sich anfreunden. Doch eines Tages will er Kaori so
quälen, dass Fumihiro dem Wahnsinn verfällt und sich dem Bösen zuwendet.
Doch Fumihiro denkt gar nicht daran, sich in sein Schicksal zu ergeben.
Er verliebt sich unsterblich in Kaori und jedes Mittel soll ihm recht
sein, die Geliebte zu beschützen. Er gibt sich dem Vater gegenüber
übertrieben kindlich und schmiedet insgeheim an seinem Plan, der ihm für
immer seine seelische Ruhe rauben wird.
Jahre später begegnet der erwachsene Fumihiro dem Leser erneut. Doch
zwischenzeitlich hat er eine andere Identität angenommen und sich durch
plastische Chirurgie auch optisch völlig verändert. Die Vergangenheit
scheint Fumihiro trotzdem einzuholen. Kaori droht erneut Gefahr und
Fumihiro muss wieder alles aufs Spiel setzen, um sie zu retten.
Fuminori Nakamura, der als Noir-Autor bekannt ist, steigt wahrlich
düster in den Roman ein. Die Handlung steigert sich bis zu einem enorm
spannenden ersten Höhepunkt und bei dem Gedanken an Fumihiros gruseligen
Vater stellt es einem richtiggehend die Nackenhaare auf.
Ganz anders wirkt dagegen der Teil, der dem erwachsenen Fumihiro
gewidmet ist. Hier geht's zwischendurch fast schon clownesk-grotesk zu,
als Fumihiro ein zweites Geschwür des Kuki-Clans kennenlernt. Dieser
zweite missratene Sohn der Familie betätigt sich in einer dubiosen
Terrorgruppe, die von Politikern Karaokeinterpretationen als verkleidete
Popsternchen erpresst. Einerseits sind unter dieser Tonalität die
sympathischeren Wendungen möglich, andererseits hätte es mich auch
brennend interessiert, wie eine düsterere Version des Romans verlaufen
wäre. Ich kann nur spekulieren, dass der Nachhall des Werks dann größer
gewesen und stärker unter die Haut gegangen wäre. So verpufft er leider relativ schnell, was das
Lesevergnügen selbst allerdings nicht schmälert. Hochspannend ist "Die
Maske" aber auch in dieser Version.
Bibliographische Angaben:
Nakamura, Fuminori: "Die Maske" (Übersetzung aus dem Japansichen:
Eggenberg, Thomas), Diogenes Verlag, Zürich 2018, ISBN 978-3-257-86337-6
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