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Montag, 15. Januar 2018

„Schönes Dorf“ von Tatsuo Hori

Tatsuo Horis Novelle „Schönes Dorf“ hat mich gleich drei Anläufe gekostet, bis ich das Werk endlich fertig gelesen habe. Denn tatsächlich gilt für das schmale Büchlein, was auf der englischen Version von Wikipedia zu Tatsuo Horis Oeuvre steht: „often plotless and impressionistic“. Aber um nicht missverstanden zu werden – die wenige, dahinfließende Handlung soll kein Kritikpunkt sein. Dafür muss man aber in Stimmung sein und sich auf den Schreibstil einlassen können. Insofern bietet „Schönes Dorf“ keine großmächtige Unterhaltung, sondern genügt sich einfach selbst.

Doch worum geht es… Der Protagonist und Ich-Erzähler, der sicherlich mit dem Autor selbst gleichzusetzen ist, ist noch vor dem Beginn der Hoch-Saison in dem Luftkurort Karuizawa. Er streift umher, betrachtet die Natur, geht in den Gärten der noch verlassenen Ferienhäuser ein und aus und lässt die Gedanken schweifen. Dabei kommen ihm unverfängliche Geschehnisse aus der Vergangenheit in den Sinn, aber vor allem denkt er immer wieder an die Angebetete aus einem früheren Sommer. Als allerdings das Mädchen mit dem gelben Hut auftaucht, scheint sich eine neue Liebelei anzubahnen.

Dank des Nachworts von Daniel Sandmann erfährt man noch, dass es sich bei der ehemaligen Geliebten um Fusako Katayama handelte, die Tatsuo Hori bei Ryunosuke Akutagawa in Karuizawa kennengelernt hatte. Das Mädchen mit dem gelben Hut steht für Ayako Yano, die spätere Verlobte von Tatsuo Hori.

Zudem weiß Daniel Sandmann zu berichten, dass Tatsuo Hori mit seiner Novelle eine Art literarische Fuge gestalten wollte. So heißt das erste Kapitel „Vorspiel“, das zweite „Schönes Dorf oder Kleine Fuge“. Die Gefühle des Protagonisten und die Stimmungen werden indirekt aufgegriffen und nicht platt präsentiert. Sicherlich ist „Schönes Dorf“ daher auch eine eher anspruchsvollere Lektüre. Einziger Kritikpunkt an der Übersetzung: Hin und wieder wäre es aus Gründen des Leseflusses schön gewesen, aus einem Satz zwei oder gar drei Sätze zu machen.

Bibliographische Angaben:
Hori, Tatsuo: „Schönes Dorf“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Sandmann, Daniel), S.Sagenhaphter Verlag, Dresden 2016, ISBN 978-3-943230-05-5

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