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Montag, 9. Juni 2014

„Kyoto – Klänge des Kosmos“ von Shin Nakagawa

„Von seiner Idee und räumlichen Dimensionen her lässt sich aus heutiger Sicht der in Kyoto integrierte Klangplan mit der Klanginstallation vergleichen, der avantgardistischen Form gegenwärtiger Klangkunst.“

So lautet der Klappentext von Shin Nakagawas „Kyoto – Klänge des Kosmos“. Der Klappentext als auch der Titel erwecken die Neugier, die Klangtopographie des alten Kiotos zu erkunden und dadurch vielleicht ein Fitzelchen von dem nach zu erleben, was vielleicht vor hunderten von Jahren in der ehemaligen japanischen Kaiserstadt zu hören gewesen sein mag.

Doch nach Abschluss der Lektüre legt man das Buch eher unbefriedigt weg. Denn Shin Nakagawa versammelt in „Kyoto – Klänge des Kosmos“ allerlei Aufsätze zu verschiedenen Themen, die noch nicht einmal alle einen Bezug zu Kioto haben, um beispielsweise über seine Eindrücke von Festivitäten zu berichten, Unterschiede des Klangerlebnisses bei „Die Geschichte vom Prinzen Genji“ und „Das Kopfkissenbuch“ aufzuzeigen oder über die Wirkung von Tönen bei der Teezeremonie nach Rikyu zu philosophieren. Alles in allem sind die Themen sicherlich interessant, doch sie bilden leider kein ganzes, abgerundetes Bild, was die Klänge von Kioto beschreiben könnte. Stattdessen setzt Shin Nakagawa einzelne Spotlights, die zusammengenommen recht unausgegoren wirken – insbesondere da der Autor das Büchlein mit einem Ausflug nach Yogyakarta beendet.

Was nach der Lektüre im Kopf hängen bleibt, das ist vor allem die Fünf-Elemente-Lehre (Norden = Winter/Wasser, Osten = Frühling/Holz, Süden = Sommer/Feuer, Westen = Herbst/Metall, Mitte = Hochsommer/Erde), die sich laut Shin Nakagawa im Klang der Tempelglocken von Kioto niedergeschlagen haben soll. An dieser Stelle hätte man sich mehr Hintergrundinformationen zur Realisierbarkeit und faktischen Realisierung eines Klangerlebnisses in Kioto gewünscht, das auf dieser Fünf-Elemente-Lehre basiert. Doch der Autor rauscht stattdessen weiter zum Heike-Epos, zu Genji und zum Kopfkissenbuch. Die Klänge des Kosmos lassen sich in Shin Nakagawas Werk so leider nur ganz schwerlich erahnen.

Bibliographische Angaben:
Nakagawa, Shin: „Kyoto – Klänge des Kosmos“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Mangold, Sabine & Suzuki, Nanae), Merve, Berlin 2000, ISBN 3-88396-160-4

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