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Donnerstag, 19. Juni 2014

„Himmelszeichen“ von Hisako Matsubara

Wir schreiben das Jahr 1612 und befinden uns auf der Shimabara-Halbinsel. Der zum Christentum konvertierte Daimyo Harunobo, auch als Don Protasio bekannt, ist wegen Hochverrats hingerichtet worden. Die portugiesischen Pater sind besorgt – wer wird als Daimyo auf Don Protasio folgen? Wird es sein christlich geprägter Sohn Don Joao sein, oder der zweitgeborene Sohn Yoshitomo, der den Einzug der alten Götter auf der Shimabara-Halbinsel protegiert?

Die Autorin Hisako Matsubara baut auf der Basis von historischen Fakten einen imaginierten Roman auf, in dessen Zentrum die junge Mika steht. Als Tochter von Don Protasio ist sie mit Leib und Seele Christin. Sie ist schockiert von der Nachricht der Hinrichtung des geliebten Vaters, kann den Vorwürfen des Hochverrats keinen Glauben schenken. Doch Mika werden bald die Augen geöffnet: Bringen die portugiesischen Patern wirklich den einzig wahren Glauben und die Nächstenliebe nach Japan? Oder sind ihre Beweggründe nicht doch mehr irdischer Natur – geht es den Glaubensvertretern nicht nur um Macht und Einfluss? Als der Niederländer Hendrik gefangen genommen wird, muss sich Mika der bitteren Realität stellen und ihren tief verwurzelten Glauben in Frage stellen.

Hochwürden Ferreira ist derweil dabei, im Hintergrund die Strippen zu ziehen: Er muss Don Joaos Macht stärken, nachdem der Shogun Yoshitomo zum Daimyo ernannt hat. Er wiegelt die christlichen Handwerker auf, keinesfalls bei der Wiedererrichtung der buddhistischen Tempel zu helfen, die Yoshitomo veranlasst hat. Und er hat dafür Sorge zu tragen, den christlichen Glauben so tief in den Herzen der Gläubigen zu verankern, dass sie sich keinesfalls von Deus lossagen werden, egal welche Widrigkeiten ihnen drohen sollten.

Hisako Matsubaras „Himmelszeichen“ erzählt nicht von tapferen christlichen Märtyrern, sondern zeichnet ein Bild, das der Realität der Missionierung wohl sehr nahe kommt: Den Patern geht es um Macht, den japanischen Machthabern um lukrative Handelsbeziehungen zu den christlichen Europäern. Die Gläubigen werden zum Mittel zum Zweck.

Jedoch wirkt „Himmelszeichen“ dadurch, dass die junge Mika in den Mittelpunkt der Handlung gestellt wird, oft eher wie ein Jugendroman. Weniger Mika und mehr Ferreira und Intrige hätten den Roman spannender gemacht.

Hisako Matsubara, die Tochter eines hohen Shinto-Priesters in Kioto, stellt „Himmelszeichen“ einen von dessen Tagebucheinträgen voran:

„Viele Wege führen zum Gipfel
Über alle breitet der Mond sein Licht
Durch die Zweige und über den Felsenspitzen
Sieht man von überall die gleichen Gestirne“
(S. 6)

Und so liest sich dann auch der Roman; als ein Plädoyer für ein friedliches Nebenher von Religionen ohne Absolutheitsanspruch.

Bibliographischen Angaben:
Matsubara, Hisako: „Himmelszeichen“, Knaus, München 1998, ISBN 3-8135-0089-6

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