„Die ‚Westlande’ hatte ich in meinen Gedanken bereits zu einer Zeit durchstreift, als die Verwirklichung eines solchen Unternehmens nichts weiter als die hoffnungslose Schwärmerei eines Schülers gewesen war.“ (S. 7)
So beginnt Yasushi Inoue sein Werk „Reise nach Samarkand“, das wie ein Geschichtsbuch wirkt, das in einige wenige eigene Reiseerinnerungen eingebettet ist. Für Europäer klingt „Westlande“ freilich ungewöhnlich. Denn die Westlande in „Reise nach Samarkand“ sind wohlweißlich westlich von China gelegen und daher Ostlande für unsereinen. Genauer: Yasushi Inoue begrenzt den Bereich der Westlande auf den mittleren Bereich Asiens, der zwischen der Wüste Gobi und dem Kaspischen Meer liegt.
Über die geheimnisvollen Westlande weiß Yasushi Inoue einiges zu berichten: Im Jahre 139 vor Christus soll Chang Ch’ien vom chinesischen Kaiser ausgesandt worden zu sein, um ein militärisches Bündnis zu schließen. Doch stattdessen war er gefangen genommen worden und hat während seiner Flucht das Land Ta-yüan bereist, in dem die Pferde Blut schwitzen. Später berichtet man von dem Großen Spiegelsee, an dessen Ufer unheimliche Wesen leben. Entstanden soll der See sein, als ein Mädchen eine Quelle nicht mehr verschloss und das auslaufende Wasser eine Stadt überflutete.
Yasushi Inoue schildert zudem ausführlich, wie die Mongolen und Araber um die Vorherrschaft im Gebiet der Westlande kämpften.
Nichtsdestotrotz wird „Reise nach Samarkand“ primär nur für diejenigen Leser interessant sein, die sich für Geschichte der Westland-Region interessieren. Die Reiseerinnerungen von Yasushi Inoue, der 1965 und 1968 die Westlande bereiste, sind eher Randbemerkungen. Sicherlich bietet „Reise nach Samarkand“ auch einige Mythen und Geheimnisse, die Reisende Jahrhunderte vor Yasushi Inoue über die Westlande festhielten. Doch die „Reise nach Samarkand“ verzaubert nicht, wie der Titel mit dem exotischen Reiseziel implizieren mag.
Bibliographische Angaben:
Inoue, Yasushi: „Reise nach Samarkand“ (Übersetzung aus dem Japanischen: Mrugalla, Andreas), Suhrkamp, Frankfurt/Main 1998, ISBN 3-518-41001-6
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